Verfahrensgang
SG Trier (Urteil vom 14.10.1992; Aktenzeichen S 5 Ar 125/91) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 14.10.1992 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.1991 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe hat.
Die 1970 geborene Klägerin war bei einem Grad der MdE von 40 vH aufgrund hirnorganischer Funktionsbeeinträchtigungen und einer Hörminderung beidseits als Rehabilitandin anerkannt. In der Zeit von September 1987 bis Ende Dezember 1988 war sie als Auszubildende für den Beruf der Hauswirtschafterin beim Bischöflichen Generalvikariat in T. und ab dem 1.1.1989 beim Sozialwerk des Deutschen Roten Kreuzes in B.-K. tätig. Sie bezog die übliche Ausbildungsvergütung.
Nachdem sie am 16.1.1991 die Abschlußprüfung bestanden hatte, meldete sie sich am 28.1.1991 beim Arbeitsamt Trier arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld (Bl. 1 VA). Am 6.2.1991 teilte sie über ihre Mutter mit, daß sie ab 1.2.1991 wieder beim Sozialwerk des DRK arbeite. Das Sozialwerk konnte sie wegen des Fehlens einer entsprechenden Planstelle nicht in ein festes Dienstverhältnis übernehmen; deshalb wurde, ohne daß hierüber ein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, vereinbart, daß die Klägerin im Rahmen eines „Praktikums” ganztägig beim Sozialwerk tätig wurde. Damit sollte sichergestellt werden, daß die Klägerin die während der Ausbildung mühevoll erworbenen theoretischen und praktischen Kenntnisse nicht wieder mangels Übung verliert. Im Rahmen des Praktikums verrichtete sie alle Arbeiten unter Anleitung, weil aufgrund erkennbarer Fehler ein Arbeiten in Eigenverantwortung nicht möglich war. Die Arbeitszeiten lagen entweder zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr oder zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr. Bei Dienst an Wochenenden arbeitete die Klägerin von 8.30 Uhr bis 16.00 Uhr (vgl. Bl. 61 und 62 GA). Nach den mit dem Sozialwerk getroffenen Vereinbarungen bestand die Möglichkeit, das „Praktikumsverhältnis” bei Erhalt einer anderen Stelle jederzeit zu beenden. Die Klägerin erhielt ein Praktikantenentgelt von 140,00 DM zuzüglich Mahlzeiten. Sozialversicherungsrechtlich war sie gemeldet. Sie wohnte im Elternhaus, also unter der Adresse, die sie beim Arbeitsamt angegeben hatte. Im Anschluß an das „Praktikantenverhältnis” war die Klägerin vom 1.1.1992 bis 31.3.1992 dann beim Sozialwerk als Aushilfskraft mit einem Lohnanspruch von monatlich 2.340,83 DM beschäftigt.
Das Arbeitsamt lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Dauer des „Praktikums” mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht arbeitslos im Sinne der §§ 100 ff AFG gewesen (Bescheid vom 8.3.1991 – Bl 9 VA). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchstelle des Arbeitsamtes als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.7.1991 – Bl. 17 VA). Zur Begründung der Entscheidung heißt es ua, es habe sich, wie auch die AOK B.-K. mitgeteilt habe, nicht um ein Praktikum im rechtlichen Sinne gehandelt, sondern um ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Gegen den ihr am 10.7.1991 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 8.8.1991 beim Sozialgericht Trier Klage erhoben.
Sie hat vorgetragen, das Praktikum habe ausschließlich dazu gedient, ihre Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern. Es könne daher nicht von einem regulären Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden. Die Tätigkeit habe der kontinuierlichen Arbeitsanleitung gedient. Jedes tatenlose Warten auf eine Vermittlung hätte ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung geschadet. Im übrigen stelle es eine besondere Härte dar, wenn persönliches Engagement, Fleiß und Arbeitswille ignoriert würden.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 14.10.1992 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.1991 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei in der streitigen Zeit arbeitslos im Sinne des Gesetzes gewesen. Mit dem „Praktikum” habe die Zeit der Arbeitslosigkeit sinnvoll überbrückt werden sollen. Trotz der Zahlung von 140,00 DM monatlich habe kein wirtschaftliches Austauschverhältnis vorgelegen, wie es für ein Beschäftigungsverhältnis typisch sei. Die Tätigkeit sei vielmehr nur wegen der Bitte der Eltern der Klägerin zustande gekommen und habe therapeutischen Charakter gehabt. Die Klägerin sei auch verfügbar gewesen, denn sie sei bereit und in der Lage gewesen, die Tätigkeit bei Erhalt einer anderen Arbeit jederzeit einzustellen. Zwar habe das Bundessozialgericht (z.B. BSGE 66, 103) § 1 der Aufenthaltsanordnung dahin ausgelegt, daß die Erreichbarkeit nur vorliege, wenn der Arbeitslose unter seiner Anschrif...