Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 05.07.2000; Aktenzeichen S 1 KA 115/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 5.7.2000 und der Bescheid des Beklagten vom 8.2.1999 aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
3. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Honorarkürzung wegen unwirtschaftlichen Verhaltens.
Der Kläger ist seit 1993 als Chirurg und Unfallchirurg mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Chirotherapie und Handchirurgie in B. vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Im Oktober 1996 beantragten die Beigeladenen zu 1. bis 6. die Prüfung der vertragsärztlichen Behandlungsweise im Quartal II/96 bei den Gesprächsleistungen (Gebührenordnungsnummern ≪GOZ≫ 10, 11, 17, 18, 42, 44, 851 Einheitlicher Bewertungsmaßstab ≪EBM≫), bei der Erhebung des Ganzkörperstatus (GOZ 60 EBM) und der klinisch-neurologischen Basisdiagnostik (GOZ 801 EBM).
Mit Bescheid vom 25.02.1998 setzte der Prüfungsausschuss bei den Gesprächsleistungen und der klinisch-neurologischen Basisdiagnostik wegen Überschreitungen im Vergleich zur Fachgruppe von 70,26 % bzw 130,52 % eine Honorarminderung in Höhe von 4.798,20 DM fest, wobei dem Kläger eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes um 40 % zugestanden wurde.
Der Kläger legte Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Vergleichsgruppe sei unzutreffend ausgewählt und zu klein, so dass eine aussagekräftige statistische Auswertung nicht möglich sei. Die Berechnung des individuellen Durchschnittwertes der Fachgruppe zeige keine Überschreitung, sondern eine Unterschreitung der Fachgruppenwerte. Die Gesamtwirtschaftlichkeit sei nicht berücksichtigt worden. Er habe im streitigen Quartal keine Patienten zur stationären Behandlung eingewiesen, der durchschnittliche Rezept- und Medikamentenverbrauch sei um 30 % vermindert gewesen. Praxisbesonderheiten seien nicht berücksichtigt worden. Er sei der einzige Handchirurg im Bereich der Beigeladenen zu 1. und erbringe eine Großzahl von handchirurgischen Operationen, aber auch konservativer Behandlungen, die einen Schwerpunkt in seiner Praxis bildeten. Daher sei eine erforderliche neurologische Basisdiagnostik erforderlich. Auch die Abwägung verschiedener Behandlungsmöglichkeiten in der Handchirurgie erfordere eine intensive Beratung bezüglich möglicher lebensverändernder Umstände. Es handele sich um eine Überprüfung von Einzelleistungen, da lediglich einzelne GOZ miteinander verglichen worden seien. Bei der Überschreitung einzelner GOZ sei eine Überschreitung um 40 % des Vergleichwertes nicht als offensichtliches Missverhältnis zu werten.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 08.02.1999 die Kürzung der GOZ 801 EBM auf, im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Honorarkürzung reduzierte sich auf 3.589,96 DM. Der Beklagte führte zusammenfassend aus, dass Praxisbesonderheiten nicht anerkannt werden könnten. Die Vergleichsgruppenzugehörigkeit zu den Chirurgen sei nicht zu beanstanden, die Bildung einer engeren Gruppe als die der ausführenden Ärzte sei nicht erforderlich.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Mainz (SG) mit Urteil vom 05.07.2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe ermessensfehlerfrei festgestellt, dass die Behandlungsweise des Klägers bei den Beratungs- und Gesprächsleistungen im streitigen Quartal unwirtschaftlich gewesen sei. Der Kläger sei zu Recht von den Prüfgremien mit der Gruppe der Chirurgen im Bezirk der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung verglichen worden, diese Gruppe habe im streitigen Quartal 16 abrechnende Praxen umfasst. Trotz dieser geringen Zahl sei ein aussagekräftiger Vergleich mit dieser Arztgruppe möglich. Beim Kläger sei insbesondere die GOZ 17 EBM auffällig, die immerhin von 15 Ärzten der Vergleichsgruppe im streitigen Quartal abgerechnet worden sei. Es handele sich somit um eine vollumfängliche typische Leistungsziffer der Vergleichsgruppe, die auf einen ganz bestimmten medizinischen Sachverhalt abstelle, der an keinerlei Fachgruppengrenzen gebunden sei. Die Tatsache, dass der Kläger Zusatzbezeichnungen führe, habe den Beklagten nicht verpflichtet, eine engere Gruppe zu bilden, die gleichfalls solche Zusatzbezeichnungen führe. Der Kläger habe im streitigen Quartal den Fachgruppendurchschnitt bei den geprüften GOZ um 70,26 % überschritten, so dass von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen sei. Der Beklagte habe aufgrund der Sachkunde seiner ärztlichen Beisitzer festgestellt, dass im Hinblick auf den Tätigkeitsbereich „Gesprächsleistungen” die Praxisstruktur des Klägers sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenk...