Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 20.03.2001; Aktenzeichen S 2 U 324/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 20.3.2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des von der Vertreterversammlung der Beklagten am 11.12.1997 beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt am 15.12.1997 genehmigten Gefahrtarifs (Gefahrtarif 1998) sowie über die Rechtmäßigkeit des in Anwendung dieses Tarifs ergangenen Veranlagungsbescheids vom 31.3.1998 und der Beitragsbescheide für die Folgejahre.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) und ist als solches Mitglied der Beklagten.
Durch Veranlagungsbescheid vom 31.3.1998 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach den Gefahrtarifstellen 48 und 49 des Gefahrtarifs 1998 für den Zeitraum ab 1.1.1998, in dem sie der Gefahrtarifstelle 48 die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der bei Verleiher und Entleiher eingesetzten Arbeitnehmer mit der Gefahrklasse 0,57 und der Gefahrtarifstelle 49 die im gewerblichen Bereich Beschäftigten mit der Gefahrklasse 10,66 zuordnete.
Mit ihrem Widerspruch vom 23.4.1998 beanstandete die Klägerin die Zuordnung zur Gefahrklasse 10,66 im gewerblichen Bereich.
Durch Widerspruchsbescheid vom 23.8.1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, in der Branche der gewerblichen AÜ gebe es eine große Bandbreite von Gefährdungsrisiken. Dem habe sie durch die Bildung von zwei Gefahrtarifstellen Rechnung getragen. Eine weitere Aufsplittung würde das Gewerbezweigprinzip durchbrechen. Dem Gewerbezweigtarif komme der Vorrang vor einem Tätigkeitentarif zu. Die Gefahrklassenberechnung der Gefahrtarifstellen 48 und 49 sei versicherungs-mathematisch begründ- und nachvollziehbar. Sie beruhe auf den im Beobachtungszeitraum vom 1.1.1994 bis zum 31.12.1996 gewonnenen Daten. Der ab dem 1.1.1998 geltende Gefahrtarif sei entsprechend den gesetzlichen Vorgaben erstellt und die Belastungsziffern unter Berücksichtigung der tatsächlich gewährten Entschädigungsleistungen und der gemeldeten Lohnsummen berechnet worden.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Klägerin durch Bescheid vom 27.4.1999 zu einem Gesamtbeitrag von 19.600,66 DM veranlagt. Hiervon entfallen, neben den Anteilen am Gemeinsamen Ausgleich und an der Insolvenzgeld-Umlage, 18.858,70 DM auf die Gefahrtarifstelle 49 und 62,74 DM auf die Gefahrtarifstelle 48. Mit weiterem Beitragsbescheid vom 25.4.2000 hat die Beklagte die Klägerin zu Beiträgen für 1999 in Höhe von 16.862,08 DM herangezogen. Dabei entfallen 16.156,28 DM auf die Gefahrtarifstelle 49 und 71,22 DM auf die Gefahrtarifstelle 48.
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte sei schon nicht die für sie zuständige Berufsgenossenschaft. Außerdem sei § 157 SGB Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) verfassungswidrig, weil der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht beachtet worden sei. Den ihr zustehenden Regelungspielraum habe die Beklagte durch die Bildung einer einheitlichen Gefahrtarifstelle für die gewerblichen Arbeitnehmer überschritten. Die Bandbreite der gewerblichen Tätigkeiten in Zeitarbeitsunternehmen sei ähnlich groß wie die Vielfalt der existierenden Berufsgruppen. Ähnlich unterschiedlich seien auch die denkbaren Unfallgefahren. Von einem in den Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bestehenden vergleichbaren Gefährdungsrisiko könne nicht ausgegangen werden. Das Wegerisiko sei nicht größer als in anderen Gewerbezweigen. Dies zeige das Beispiel der medizinisch-technischen Assistentin oder des Hafenstauereiarbeiters. Hier betrage die Divergenz gegenüber dem bis zum 1.1.1984 gültigen Tätigkeitstarif der Beklagten 75 % bzw. 150 %. Einer Tarifstelle dürften aber keine Gewerbezweige eingegliedert werden, die in ihrer Belastung signifikant vom Durchschnitt der Tarifstelle abwichen. Es sei daher rechtswidrig, alle gewerblichen Tätigkeiten in einer Gefahrtarifstelle zusammenzufassen. Der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 21.8.1991 – 2 RU 54/90 zugebilligte Übergangszeitraum, für den die Bildung von nur zwei Gefahrtarifstellen hingenommen werden könne, sei überschritten. Auch die Berechnung der Gefahrtarifstellen sei fehlerhaft, weil die Beklagte die für Zeitarbeitsunternehmen geltenden Tarifstellen immer wieder neu gefasst habe. Bis 1994 sei eine Vielzahl von Beschäftigten zum büromäßigen Bereich gemeldet worden; seit dem 1.1.1995 seien sie in der für gewerbliche Arbeitnehmer geltenden Gefahrtarifstelle 49 erfasst. Dies betreffe vor allem die technischen Berufe, Gesundheitsdienstberufe und sonstigen Dienstleistungsberufe. Für eine ordnungsgemäße Gefahrklassenberechnung hätte die Beklagte die einzelnen Unfalllasten je nach den einzelnen Tätigke...