Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Krankengeld. Wiedergewährung. dieselbe Krankheit. psychische Störung. jahrelange Behandlungsbedürftigkeit
Orientierungssatz
Zum Begriff "derselben Krankheit" iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB 5 bei einer über viele Jahre bestehenden psychischen Störung, die kontinuierlich nervenärztliche und psychiatrische Behandlung erfordert.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 11.12.1995 bis 3.6.1996.
Der 1950 geborene Kläger ist als selbständiger Kaufmann bei der Beklagten freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Er bezog vom 20.4.1993 bis zum 13.12.1994 mit zwei kurzen Unterbrechungen für 78 Wochen Krankengeld. Der Leistung lagen laufende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie R wegen depressiver Dekompensation bei Angstneurose zu Grunde. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bestätigte in mehreren sozialmedizinischen Gutachten das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit im genannten Zeitraum wegen schwerer depressiv ängstlicher Entwicklung bei früher Persönlichkeitsstörung und Zustand nach Tranquilizerentzug. Dr. Sch teilte am 6.5.1993 mit, der Kläger gäbe an, er sei in der zweiten Borderlinekrise und leide an agoraphoben Ängsten, Panikattacken und herzphobischen Attacken. Dr. Sch diagnostizierte eine depressive Dekompensation bei angstneurotischer Entwicklung. Wegen Diazepamabusus wurde vom 29.3. bis 5.4.1994 ein stationärer Entzug in der Universitätsklinik H durchgeführt. Dort fiel der Kläger wiederum wegen eines deutlichen Krankheitsgefühls bei fehlender Krankheitseinsicht und durch seinen pseudopsychologischen Jargon auf. Außerdem gab er an, er müsse schnell entlassen werden, um sein Geschäft baldmöglichst weiterführen zu können. Vom 14.4.1994 bis zum 10.5.1994 wurde der Kläger in der B D stationär behandelt. Im Entlassungsbericht wurde ein Zustand depressiv ängstlicher Entwicklung bei früher Persönlichkeitsstörung, Zustand nach Tranquilizerentzug, Dysthymia, Borderline-Persönlichkeitsstörung mit rasch schwankender Emotionalität, Angst- und Wutreaktionen geschildert und auf eine depressiv-dysphorische Grundstimmung und eine hypochondrische Anlage hingewiesen, insgesamt liege eine facettenreiche Persönlichkeitsstörung bei bekanntem Drogenmißbrauch seit 1970 vor. Die Prognose hinsichtlich der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit sei ungünstig. Nach einer stationären Behandlung im Krankenhaus B wegen einer Oesophagitis wurde am 3.11.1994 und erneut am 2.5.1995 beim Kläger eine Gastroskopie durchgeführt. Es wurde eine Refluxoesophagitis, Kaskadenmagen mit Fundusgastritis festgestellt. Bei den anschließenden Laboruntersuchungen ergab sich kein Anhalt für bösartiges Wachstum.
Am 21.3.1995 bescheinigte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie R dem Kläger Arbeitsunfähigkeit wegen Psychosomatose. Auf Anfrage erklärte der Arzt, dabei handle es sich weder um die gleiche Krankheit, die zu der bis zum 13.12.1994 andauernden Arbeitsunfähigkeit geführt habe, noch sei sie während dieser Erkrankung hinzugetreten. Am 2.8.1995 teilte er mit, im Oktober 1994, noch während des letzten Krankengeldbezuges, sei es zu einem Oesophagus gekommen, der internistisch behandelt worden sei. Anfang März 1995 habe sich ein massives psychosomatisches Beschwerdebild mit multiplen Schmerzen ohne organische Ursache entwickelt. Dr.Sch attestierte dem Kläger am 9.5.1995 psychosomatische Schmerzzustände seit 21.3.1995. Er teilte mit, der Kläger, der häufig mehrfach täglich einen Arzt aufsuche und nahezu regelmäßig den Wochenenddienst in Anspruch nehme, habe ihn im ersten Halbjahr 1995 mindesten 18 Mal konsultiert und dabei unerträgliche Schmerzzustände in der rechten Leiste und der linken Flanke geschildert, zu denen sich trotz intensiver Untersuchungen kein körperliches Korrelat habe finden lassen. Er ordne sie als psychosomatisch ein.
Die Beklagte lehnte die Gewährung von Krankengeld ab dem 21.3.1995 durch Bescheid vom 8.5.1995 ab, weil es sich um die gleiche Krankheit handle. Auf den Widerspruch des Klägers ließ die Beklagte den Kläger erneut durch den MDK begutachten. Dr. P, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, kam am 12.9.1995 zu dem Ergebnis, eine organische Ursache für die vom Kläger geschilderten Schmerzen scheide aus, diese könnten allenfalls psychisch erklärt werden. Dieser Zustand sei mit dem identisch, der zur Arbeitsunfähigkeit bis Dezember 1994 geführt habe, er äußere sich in wechselnder Symptomatik und sei der Borderline-Persönlichkeitsstörung zuzuordnen. Mit Bescheid 15.9.1995 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab dem 21.3.1995 erneut ab und wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 8.12.1995 zurück.
Die Klage hat der Kläger damit begründet, er sei unmittelbar nach Ablauf des Krankengeldanspruches im Dezember 1994 geheilt und wieder arbeitsfähig gewesen, doch habe sich im Zusammenhang mit dem Oesophagusgeschwür, das im Oktober 1994 festgestellt worden sei, ein ps...