Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Physiotherapeut. Erbringung. Abrechnung. propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation ≪PNF≫. eigenständige Zulassung. Anerkennung als Weiter- bzw Fortbildung. Ausschluss. Abrechenbarkeit. Verstoß. Berufsausübungsfreiheit
Orientierungssatz
1. Paragraph 124 SGB 5 setzt für jeden Heilmittelbereich entsprechend den jeweiligen berufsrechtlichen Anforderungen, den berufspraktischen Erfahrungen und der jeweils erforderlichen sachlichen Ausstattung eine eigenständige Zulassung voraus (hier Erbringung und Abrechnung der krankengymnastischen Leistung "propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation" (PNF). Insoweit haben die berufsrechtlichen Entscheidungen der zuständigen Behörden nach dem MPhG Tatbestandswirkung für die Kassenzulassung (vgl BSG vom 28.2.1996 - 3 RK 5/95 = SozR 3-2500 § 124 Nr 4).
2. Aus dem Umstand, dass Leistungen Bestandteil der Ausbildung und Prüfung im erlernten Beruf waren, folgt nicht, dass diese Leistungen auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und abgerechnet werden dürfen. Vielmehr erfolgt die Festlegung des Leistungsumfangs im Bereich der Heilmittel durch Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 iVm Abs 6 SGB 5, die nach § 92 Abs 8 SGB 5 Bestandteil der Bundesmantelverträge-Ärzte und damit für diese verbindlich sind.
3. Die während der Ausbildung zum Physiotherapeut durchgeführte Wissensvermittlung auf dem Gebiet der "propriozeptiven neuromuskulären Fazilitation" stellt keine Weiter- und Fortbildung iS der Leistungsbeschreibung zum Rahmenvertrag dar.
4. Der Ausschluss von der Abrechenbarkeit der Leistungsposition 20704 der Preisvereinbarung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die in Art 12 Abs 1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu Lasten der Beklagten die krankengymnastische Leistung "propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation" (PNF) erbringen darf.
Der ....1958 geborene Kläger ist seit 1984 als Masseur und Medizinischer Bademeister in V zur Behandlung von Versicherten der Beklagten zugelassen. Im Juni 1997 erhielt der Kläger die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Physiotherapeut". Dem im Juli 1997 bei der Beklagten gestellten Antrag, ihn zur Abgabe krankengymnastischer Leistungen zuzulassen, wurde mit Bescheid vom 24.07.1997 mit Wirkung ab 15.07.1997 entsprochen. In der am 15.07.1997 unterschriebenen Verpflichtungserklärung bestätigte der Kläger den Erhalt eines Exemplares des Rahmenvertrages vom 23.02.1983. In der Erklärung verpflichtete sich der Kläger weiter, die Versicherten der an dem Rahmenvertrag beteiligten Versicherungsträger zu behandeln und erklärte sein Einverständnis damit, dass seine bisherige Zulassung auf der Grundlage dieses Vertrages weiter bestehe. Er versicherte, die Bestimmungen des Rahmenvertrages einschließlich seiner Anlagen 1) bis 5) als verbindlich anzuerkennen.
Im Mai 1999 beantragte der Kläger die Erweiterung der Zulassung zur Abgabe von krankengymnastischen Leistungen nach PNF. Er legte eine Bescheinigung des Fort- und Weiterbildungsseminares für komplexe, funktionelle Physiotherapie in N vom 19.05.1996 vor, wonach er vom 03. bis 05.11.1995 und vom 17. bis 19.05.1996 an jeweils 28 Unterrichtsstunden an einer krankengymnastischen Weiterbildung mit dem Kursthema PNF teilgenommen habe. Weiterhin legte der Kläger eine Bescheinigung der Lehranstalt G aus M vom 09.02.1999 vor. Hierin wurde bestätigt, dass der Kläger im Rahmen der Anschlussausbildung vom Masseur und Medizinischen Bademeister zum Physiotherapeuten in der Zeit vom 27.07.1996 bis 30.05.1997 an 80 Unterrichtsstunden PNF teilgenommen habe. Mit Schreiben vom 16.04.1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die eingereichte Bescheinigung der Lehranstalt G nicht anerkannt werden könne. Die dort absolvierten 80 Unterrichtsstunden seien im Rahmen der Anschlussausbildung zum Physiotherapeuten abgelegt worden und zählten somit nicht als Weiterbildung im Sinne der Zertifikatserweiterung gemäß den gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände. Somit könnten lediglich die 56 Unterrichtsstunden, die beim Fort- und Weiterbildungsseminar für komplexe, funktionelle Physiotherapie in N absolviert worden seien, angerechnet werden.
Im August 1999 bat der Kläger die Beklagte darum, die Ablehnung nochmals zu überprüfen. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Verbandes für Physiotherapie -- Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK) e.V. mit, eine Erweiterung der Abrechenbarkeit von Zertifikatspositionen setze voraus, dass Nachweise über eine anerkannte und abgeschlossene Weiterbildung erbracht werden könnten. Über die Anerkennung einer Weiterbildung gebe es klar definierte Weiterbildungskriterien. Die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit der...