Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 23.06.1983; Aktenzeichen S 8 A 65/83)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 23. Juni 1983 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1919 geborene Kläger ist vom 1. November 1938 bis einschließlich des Sommersemesters 1942 an der Technischen Hochschule in B. immatrikuliert gewesen. In der Zeit vom 15. Oktober 1941 bis 28. März 1942 war die Hochschulausbildung durch Ableistung des studentischen Ausgleichsdienstes unterbrochen. Diese Zeit merkte die Beklagte durch bindend gewordenen Bescheid vom 4. Dezember 1978 als Ersatzzeit „militärischer Dienst”) vor.

Nachdem der Kläger in August 1982 flexibles Altersruhegeld beantragt hatte, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 5. November 1982 den Bescheid vom 4. Dezember 1978 hinsichtlich der anerkannten Ersatzzeit zurück, weil der studentische Ausgleichsdienst kein militärischer Dienst und damit keine Ersatzzeit sei. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die Anerkennung des studentischen Ausgleichsdienstes als Ausfallzeit begehrte, wies sie durch Bescheid vom 18. Februar 1983 zurück. In dem mittlerweile am 10. Dezember 1982 erteilten Bescheid über die Gewährung von flexiblem Altersruhegeld hat die Beklagte die Zeit des studentischen Ausgleichsdienstes weder als Ersatzzeit noch als Ausfallzeit berücksichtigt. Der Kläger hat auch gegen diesen Bescheid am 4. Januar 1983 Widerspruch erhoben.

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, der studentische Ausgleichsdienst müsse ihm, wenn nicht als Ersatzzeit, so doch als Ausfallzeit angerechnet werden, denn er sei während dieser Zeit weiter immatrikuliert gewesen und habe sein Studium nach Ableistung des Ausgleichsdienstes mit einer Unterbrechung von nur 5 1/2 Monaten sofort wieder aufgenommen.

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Beklagte am 23. Juni 1983 unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Zeit vom 15. Oktober 1941 bis 28. März 1942 weiterhin als Ersatzzeit anzuerkennen und rentensteigernd zu berücksichtigen. Nach seiner Meinung war die Beklagte nicht zur Rücknahme des Bescheides vom 4. Dezember 1978 berechtigt. Unter Zugrundelegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch (SGB X), wäre dies nur unter den Voraussetzungen des § 1744 der Reichsversicherungsordnung in der vor dem 1. Januar 1981 geltenden Fassung (RVO a.F.) möglich gewesen. Da aber keiner der dort genannten Tatbestände vorliege, habe es bei der bindend gewordenen – wenn auch irrtümlichen – Anerkennung des studentischen Ausgleichsdienstes als Ersatzzeit zu verbleiben. Aue diesem Grunde verbiete sich gleichzeitig eine Entscheidung darüber, ob der Ausgleichsdienst des Klägers während einer Beurlaubung vom Studium möglicherweise eine Ausfallzeit darstelle.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 6. Juli 1983 zugestellte Urteil am 29. Juli 1983 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Vorschrift des § 1744 RVO a.F. habe sich nur auf Leistungsbescheide bezogen; auf Vormerkungsbescheide könne sie auch nach Inkrafttreten des SGB X keine Anwendung finden. Als Ausfallzeit komme die Zeit des studentischen Ausgleichsdienstes deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger während dieser Zeit keine Hochschulausbildung absolviert und auch keine andere Ausbildungszeit zurückgelegt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichte Speyer vom 23. Juni 1983 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 5. November 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 1983 und gegen den Altersruhegeldbescheid vom 10. Dezember 1982 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Meinung, wenn ihm der studentische Ausgleichsdienst nicht als Ersatzzeit angerechnet werden könne, müsse ihm die Beklagte diese Zeit entsprechend den von ihr in dem selbst herausgegebenen Merkblatt „BfA-Praxis” aufgestellten Grundsätzen zumindest als Ausfallzeit gutbringen.

Die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten … sowie die Akten des SG Speyer S 8 A 65/83 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Akten sowie auf den der Prozeßakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist gemäß den §§ 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Obwohl die Beklagte den am 10. Dezember 1982 erlassenen Bescheid über die Gewährung des flexiblen Altersruhegeldes in ihrem Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1983 nicht ausdrücklich erwähnt hat, ist auch dieser Bescheid Gegenstand des Verfahrens, weil der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers bereits bei der Entscheidung der Widerspruchsstelle vorlag und die damit vorgebrachten Beanstandungen den gleichen Streitpunkt betreffen, über den die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid befunden hat.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Au...

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