Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Geschäftsgebühr. Bestimmung der angemessenen Gebührenhöhe. Bedeutung der Angelegenheit bei geringen Euro-Beträgen. Grenze durchschnittliche / überdurchschnittliche Bedeutung. Abweichung von BSG-Rechtsprechung. Erhöhungsgebühr. anwaltliches Tätigwerden für nur ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft
Orientierungssatz
1. Der Auffassung des BSG in dem Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 21/09 R = BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2, wonach bei Begehren auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allenfalls monatliche Euro-Beträge im einstelligen Bereich und für einen nur kurzen streitigen Zeitraum von längstens sechs Monaten eine allenfalls durchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung für den Auftraggeber haben, höhere mithin eine überdurchschnittliche, ist nicht zu folgen.
2. Es ist nicht möglich, eine der Bandbreite von Verfahrensgegenständen auch im Bereich der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gerecht werdende Differenzierung der Bedeutung der Angelegenheit nach der Höhe der geltend gemachten Ansprüche vorzunehmen, wenn bei SGB 2-Empfängern generell allen Angelegenheiten, die über einstellige Eurobeträge bis zu sechs Monaten hinausgehen, eine überdurchschnittliche Bedeutung zugemessen wird.
3. Im Falle einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB 2 ist nicht davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber vertritt, wenn lediglich ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Adressat des streitigen Bescheides ist und der Widerspruch ausdrücklich und ausschließlich in dessen Namen erhoben wird.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 15.03.2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
Der Klägerin und ihren fünf Kindern waren durch vorläufigen Bescheid vom 26.10.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28.11.2012 (926 VA) und vom 10.12.2012 in Gestalt der dazu ergangenen Widerspruchsbescheide vom 25.01.2013 und vom 07.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum von November 2012 bis April 2013 gewährt worden. Der Klägerin waren für Januar bis April 2013 monatliche Regelleistungen in Höhe von 611,02 € (einschließlich eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung) und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 122,80 € monatlich bewilligt worden. Den Kindern waren im Hinblick auf Einkommen in Form von Kindergeld und Unterhalt unterschiedlich hohe Leistungen für den Regelbedarf von 40,00 bis 105,00 € und für vier der Kinder Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 76,60 € bis 122,80 und für das weitere 122,84 € monatlich zuerkannt worden. Im Januar 2013 betrug der als Regelbedarf zuerkannte Betrag für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft damit insgesamt 858,20 €.
Gegen den Bescheid vom 26.10.2012 und den Änderungsbescheid vom 28.11.2012 hatte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhoben.
Nachdem der Beklagte Kenntnis davon erhalten hatte, dass die Klägerin für ihren Sohn A im Januar 2013 einen Unterhaltsvorschuss erhalten hatte, erging der gegen die Klägerin gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27.09.2013. Der Beklagte hob damit die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Klägerin für Januar 2013 laut Bescheid ganz (gemeint wohl teilweise) auf. Es sei ein Betrag von 40,36 € zu erstatten, die Forderung werde in monatlichen Raten von 38,20 € gegen die laufenden Leistungen aufgerechnet. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klägerin während des genannten Zeitraumes Einkommen aufgrund eines Unterhaltsvorschusses erzielt habe.
Mit Schreiben vom 30.10.2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten mit, dass die Klägerin ihn mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt habe. Diese habe ihm den Bescheid vom 27.09.2013 zur weiteren Bearbeitung vorgelegt. Gegen diesen Bescheid werde im Namen der Klägerin Widerspruch eingelegt. Die Begründung erfolge in einem gesonderten Schriftsatz. Auf Anforderung des Beklagten vom 14.11.2013 begründete der Prozessbevollmächtigte den Widerspruch mit Schreiben vom 29.11.2013 wie folgt:
„…Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und daher aufzuheben. Entgegen den Ausführungen der Widerspruchsgegnerin hat die Widerspruchsführerin im streitgegenständlichen Monat Januar 2013 für ihren Sohn A lediglich Kindesunterhalt in Höhe von 108,00 EUR erhalten, weswegen die von der Widerspruchsgegnerin begehrte Aufhebung bzw. Erstattung tatsächlich und rechtlich nicht haltbar ist. Wir bitten um zeitnahe Abhilfe (…).“
Mit Schreiben vom 12.1...