Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des RV/UVAbk POL auf Zeiten ab dem 1.1.1991
Orientierungssatz
Zur (hier: verneinten) Anwendbarkeit des RV/UVAbk POL auf Zeiten ab dem 1.1.1991.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 23.02.2017 insoweit aufgehoben, als die Beklagte dazu verurteilt wurde, dem Kläger höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten vom 01.01.1991 bis zum 28.02.2007 nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09.10.1975 zu gewähren und die Klage insoweit abgewiesen.
2. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte die Hälfte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer höheren Regelaltersrente unter Berücksichtigung vom Kläger zurückgelegter Pflichtbeitragszeiten nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09.10.1975 (deutsch-polnisches Rentenabkommen, DPRA 1975).
Der in Polen geborene Kläger war aufgrund von Werkverträgen zwischen seinem polnischen Arbeitgeber (B GmbH, W ) und verschiedenen deutschen Firmen im Rahmen einer Entsendung in der Bundesrepublik tätig. Er siedelte seinen Angaben zufolge am 23.05.1989 (Angaben zum genauen Datum wechseln) in die Bundesrepublik über und befand sich während des sich anschließenden Erwerbslebens nicht mehr in Polen. In Polen hatte der Kläger auch keine Wohnanschrift mehr, sondern nur noch eine Korrespondenzadresse. Ihm wurden fortlaufend befristete Arbeitserlaubnisse im Rahmen der geschlossenen Werkverträge erteilt. Eine unbefristete Arbeitserlaubnis erhielt der Kläger am 25.08.1995.
Auf seinen Antrag hin bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 11.03.2014 eine Regelaltersrente ab dem 01.01.2014 in Höhe von 505,21 € monatlich. In dem als Anlage beigefügten Versicherungsverlauf heißt es, dass die Zeiten vom 03.09.1971 bis zum 06.06.1973, vom 08.06.1973 bis zum 15.04.1980, vom 01.09.1980 bis zum 30.06.1996, vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis zum 28.02.2007 nicht als Beitragszeit oder Beschäftigungszeit anerkannt werden könnten, weil die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Fremdrentengesetz (FRG), z.B. die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler, nicht vorlägen.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Beklagte habe zu Unrecht die polnischen Beitrags- und Beschäftigungszeiten nicht berücksichtigt. Zwar sei es zutreffend, dass er nicht zum Personenkreis gehöre, auf den das FRG unmittelbar anzuwenden sei. Auf ihn sei jedoch das DPRA 1975 anzuwenden. Er sei am 23.05.1989 zugezogen, also vor dem Stichtag 31.12.1990, und halte sich seitdem (sowie auch in Zukunft) in der Bundesrepublik auf. Auch wenn er zunächst noch keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis gehabt habe, sei klar gewesen, dass er auf Dauer hier bleiben werde. Bezüglich des Rentenabkommens mit Polen verwies er auf die Antwort der Bundesregierung vom 06.09.1995 auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Fischer (BT-Drucks 13/683). Darin heiße es, dass Ansprüche und Anwartschaften (nach den Regelungen des DPRA 1975) auch Personen hätten, die laufend eine befristete Arbeitserlaubnis erhalten hätten. In diesen Fällen stelle die Rechtsprechung den dadurch bewirkten Aufenthalt mit einem unbefristet rechtmäßigen Aufenthalt gleich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Das DPRA 1975 finde auf den Rentenanspruch des Klägers keine Anwendung. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes sei so auszulegen wie in § 30 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) vorgegeben. Befristete Aufenthaltserlaubnisse, die nur für die befristeten Werkverträge erteilt worden seien, führten zu keinem gesicherten ausländerrechtlichen Status. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis habe der Kläger erst im Jahr 1995 erhalten. Vorher habe es keine zukunftsorientierte Aufenthaltsberechtigung gegeben.
Hiergegen hat der Kläger am 24.09.2014 vor dem Sozialgericht (SG) Mainz Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger hat erneut auf die vorgelegte BT-Drucksache verwiesen und die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Anforderungen nach einem unbefristeten, rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne der Abkommensvorschriften überspanne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R) sei die Frage, ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort aufhalte, zu bejahen, wenn nach einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) davon auszugehen sei, dass die betreffende Person zukunftsoffen bis auf weiteres an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen werde. Dass er im Rentenantrag eine polnische Wohnanschrift angegeben habe, liege daran, dass ...