Entscheidungsstichwort (Thema)

Opferentschädigung. Berufsschadensausgleich. Berechnung. Vergleichseinkommen. Einstufung in die Leistungsgruppe I. Teamleitung/Projektleitung im Ausland

 

Orientierungssatz

Zu den Voraussetzungen für die Einstufung in die Leistungsgruppe I gem § 3 Abs 4 BSchAV (hier: wahrscheinliche Teamleitung/Projektleitung im Ausland eines Kfz-Elektrikers mit Meisterprüfung, der zuletzt als Werkstattlehrer arbeitete).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Berufsschadensausgleichs (BSA) nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG); im Vordergrund steht die Frage, welches Vergleichseinkommen zu berücksichtigen ist.

Der im Jahre 1942 geborene Kläger wurde am 19.9.1987 Opfer einer Gewalttat; dabei erlitt er insbesondere schwere Kopfverletzungen. Zuletzt mit Abhilfebescheiden vom 11.1.1994 und 24.10.1995 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen gemäß § 1 Abs 1 OEG an:

1.  Basales Frontalhirnsyndrom mit Antriebsdefiziten;

2.  Verlust des Geruchvermögens mit Beeinträchtigung des Geschmackvermögens;

3.  Hörbehinderung rechts, Ohrgeräusch, Gleichgewichtsstörungen.

Vom 1.9.1987 bis 31.12.1987 bezog er Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. gemäß § 30 Abs 1 BVG. Anschließend erhöhte der Beklagte gemäß § 30 Abs 2 BVG die MdE zunächst auf 80 v.H. bis zum 31.10.1991 und danach auf 90 v.H.

Im April 1990 beantragte der Kläger die Gewährung von BSA; seit der Gewalttat sei er nicht mehr in der Lage, seinen Beruf auszuüben. Eine beabsichtigte -- auf Dauer angelegte -- Auslandstätigkeit für die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ) in der Türkei habe er schädigungsbedingt nicht antreten können.

Der schulische und berufliche Werdegang des Klägers verlief wie folgt:

Von 1949 bis 1957 besuchte er die Volksschule. Anschließend absolvierte er eine dreijährige Lehre zum Kfz-Elektriker und legte im März 1960 erfolgreich die Gesellenprüfung ab. Danach war er -- unterbrochen durch den Wehrdienst -- bis September 1968 als Geselle in seinem erlernten Beruf sowie in den Bereichen Kfz-Hydraulik und Bremsendienst tätig. Ab 1966 besuchte er neben seiner Berufstätigkeit die Abendschule zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung, die er am 19.6.1968 bestand. Als Kfz-Meister war er vom 2.9.1968 bis 30.6.1976 tätig, wobei er überwiegend als Ausbildungsleiter einer Lehrwerkstatt für Kfz-Elektriker eingesetzt war. Wegen Dezentralisierung der Lehrlingsausbildung wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt. Am 1.9.1976 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Werkstattlehrer an den Berufsbildenden Schulen 10 in K -- zunächst im Angestelltenverhältnis -- auf. Zum 1.12.1976 wurde er in das Beamtenverhältnis (z.A.) übernommen und mit Wirkung zum 1.3.1979 zum Beamten auf Lebenszeit (Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes) ernannt. Aufgrund der schädigungsbedingten Dienstunfähigkeit erfolgte zum 1.11.1991 die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Neben seiner Lehrertätigkeit nahm der Kläger an zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen teil, u.a. vier Semester "Türkisch für deutsche Lehrer" sowie zwei Semester "Türkisch für Fortgeschrittene".

Im Rahmen der Prüfung des Anspruches auf BSA zog der Beklagte die Personalakten des Klägers bei, holte eine Auskunft der GTZ vom 18.6.1991 ein und zog weitere Unterlagen (Manteltarifvertrag Nr 2 der GTZ, Vergütungstarifvertrag) bei. Der Kläger übersandte Bestätigungen der GTZ über seine beabsichtigte Auslandstätigkeit. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am 24.3.1987 hatte sich der Kläger für eine Anstellung als Teamleiter am Ausbildungszentrum Ankara (Türkei) bei der GTZ beworben. Zum Zeitpunkt der Schädigung war das Auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen. Aufgrund seiner fachlichen Qualifikation und seiner Sprachkenntnisse hätte der Kläger gute Chancen gehabt, ein konkretes Vertragsangebot zu erhalten. Bei Bewährung wäre auch der Aufstieg zum Projektleiter möglich gewesen. Die Einstellung bei der GTZ erfolgt grundsätzlich zunächst in ein befristetes Arbeitsverhältnis, wobei die Möglichkeit besteht, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Aus dem Beamtenverhältnis hätte der Kläger nicht ausscheiden müssen; in der Regel erfolgt bei Auslandseinsätzen von Beamten eine Beurlaubung.

Mit Abhilfebescheid vom 28.2.1992 gewährte der Beklagte dem Kläger BSA. Es sei davon auszugehen, dass er ohne die Schädigung ab dem 1.1.1988 als technischer Lehrer bei der GTZ tätig geworden wäre. Gemäß § 4 Abs 5 Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) sei als Vergleichseinkommen von dem Durchschnittseinkommen eines Angestellten im öffentlichen Dienst der Vergütungsgruppe IV b BAT auszugehen.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er habe einen besonders hohen Einkommensverlust erlitten. Ein Nettolohn von 6.800,-- DM entspreche -- wie sich aus einer in den Akten befindlichen Berechnung ergebe- einer Bruttovergütung von 10.804,717 DM. Die im Bescheid vom 28.2.1992 vorgenommene ...

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