Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 22.06.1989; Aktenzeichen S 6 Ar 133/88)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 22.6.1989 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 22.6.1989 und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger für Anschaffung der orthopädischen Sicherheitsschuhe entstehenden Kosten zu übernehmen, soweit sie die Kosten für die Anschaffung von Sicherheitsschuhen für Nichtbehinderte übersteigen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme von Kosten für die Beschaffung von orthopädischen Sicherheitsschuhen.

Der 1959 geborene Kläger ist bei der Beigeladenen zu 3) beschäftigt. Gemäß einer Bescheinigung der Ärzte Dres K. (N.) vom 26.8.1988 besteht eine Behinderung im Bereich des rechten Fußes und Beines (Klumpfuß, Zustand nach Unterschenkelfraktur rechts mit Osteosynthese, Muskelatrophie des rechten Unterschenkels). Der Grad der Behinderung (GdB) wurde wegen dieser Behinderungen vom Versorgungsamt in Höhe von 60 vH festgestellt. Nach der ärztlichen Bescheinigung der Dres K. ist der Kläger wegen jener Behinderung auf eine Versorgung mit einem orthopädischen Arbeitsschuh angewiesen.

Gegen den ihm am 3.5.1988 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 1.6.1988 Klage erhoben.

Durch Urteil vom 22.6.1989 hat das Sozialgericht Mainz den Ablehnungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.5.1988 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger für die Beschaffung orthopädischer Sicherheitsschuhe einen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Kosten dieser Schuhe und den Kosten für „normale” Sicherheitsschuhe, höchstens aber DM 600, zu zahlen. Es hat die Berufung zugelassen.

Der Anspruch des Klägers folge aus § 56 Arbeitsförderungsgesetz – AFG –. Es handele sich um eine sonstige Leistung gemäß Abs. 3 Nr. 6 jener Vorschrift. Eine solche Leistung sei von der Beklagten zu erbringen, wenn sie unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung erforderlich sei, um das Ziel der Rehabilitation zu sichern. Ohne das Tragen von Sicherheitsschuhen sei der Arbeitsplatz des Klägers konkret gefährdet. Er sei auch aufgrund seiner Behinderungen auf das Tragen von orthopädischem Schuhwerk angewiesen. Die Tatsache, daß der Kläger beruflich eingegliedert sei, spreche nicht gegen den Leistungsanspruch. Kämen Rehabilitationsmaßnahmen nach Aufnahme einer Berufstätigkeit grundsätzlich nicht mehr in Betracht, liefe § 14 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) vom 31.7.1975 (zuletzt geändert durch die 14. Änd.A.O vom 6.7.1988, ANBA 1988 S 1125) leer. Nach dieser Vorschrift seien nämlich Rehabilitationsleistungen auch zu erbringen, um berufliche Schwierigkeiten in der Berufsausübung zu beseitigen oder zu mildern. Außerdem handele es sich bei dem Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 28.1.1986 nicht um eine Einzelfallentscheidung. Die Sachverhalte seien durchaus vergleichbar. Die Subsidiaritätsregelung des § 57 AFG stehe dem Anspruch nicht entgegen. Ein anderer Sozialleistungsträger sei nicht zuständig. Der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sei nur für solche Rehabilitationsleistungen zuständig, die wegen einer besonderen Verwendungsart am Arbeitsplatz notwendig würden. Gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 A Reha seien die Kosten für die Sicherheitsschuhe, die zur Arbeitskleidung zu zählen seien, jedoch nur bis zur Höhe von DM 600 zu übernehmen.

Gegen das ihr am 11.7.1989 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4.8.1989 Berufung eingelegt.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die orthopädischen Sicherheitsschuhe unzutreffend der Arbeitskleidung (§ 42 A Reha) zugeordnet und nicht – wie dies richtig gewesen wäre – den Hilfsmitteln (§ 47 A Reha). Orthopädisches Schuhwerk gehöre zum Katalog der medizinischen Leistungen i.S. des § 10 Nr. 4 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG vom 7.8.1974, BGBl I S 1881). In Verbindung mit der Vorschrift des § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei deshalb für die Bereitstellung von orthopädischen Sicherheitsschuhen der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig. Am Grundcharakter eines orthopädischen Hilfsmittels ändere nichts, daß es sich zugleich um Sicherheitsschuhe handele. Der Gesichtspunkt der Sicherheitsausrüstung trete lediglich zu der grundsätzlich bestehenden Eigenschaft eines medizinischen Hilfsmittels hinzu. Im übrigen sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Kosten für die Sicherheitsausrüstung zu tragen. Soweit Mehrkosten für eine besondere orthopädische Ausstattung aufträten, fielen diese in den Zuständigkeitsbereich des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung. Gestützt werde diese Auffassung durch ein Urteil des Bundesso...

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