Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 13.11.1992; Aktenzeichen S 3 A 74/91)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.03.1997; Aktenzeichen 5/4 RA 113/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 13.11.1992 aufgehoben:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung, eine während einer ausländischen Rentenbezugszeit zurückgelegte Beitragszeit als Ersatzzeit anzurechnen.

Die im … 1925 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin ist Deutsche. Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik am 23.10.1988 wurde ihr der Vertriebenenausweis A ausgestellt und von der Bezirksregierung Rheinland-Pfalz mit einer Internierungszeit vom August 1941 bis Januar 1946 eine Internierung bescheinigt.

In der ehemaligen Sowjetunion war sie zunächst von 1939 ab altersversichert als Melkerin, nach ihrer zwangsweisen Umsiedlung in den Kaukasus war sie von 1942 bis 1947 Angehörige der Trud-Armee (Arbeitseinheit), anschließend war sie wiederum als Melkerin bzw Köchin in Kolchosen versichert. Zwischenzeitlich wurden in der ehemaligen Sowjetunion ihre Kinder Waldemar am …1948, Valentina am … 1950, Alexander am …1952, Albert am … 1954, Johann am ….1958 und Viktor am …1963 geboren.

Von der sowjetischen Sozialverwaltung bezog sie ab 26.4.1975 Rente wegen Kinderreichtum auf Lebenszeit. Die Klägerin arbeitete aber ab 1976 bis zur Übersiedlung weiter in einem Altersheim und entrichtete Beiträge.

Mit Bescheid vom 6.2.1990 lehnte die Beklagte die Gewährung des Frauenaltersgeldes sowie des flexiblen Altersgeldes ab. Die während des Rentenbezugs, der einem Altersruhegeld i.S. des § 19 Abs. 3 FRG entspreche, zurückgelegte Beitragszeit sei nicht anrechenbar. Im Versicherungsverlauf sind Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG von März bis Juni 1941, von Januar 1958 bis Oktober 1958 und ab 1.3.1959 Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung bzw Kindererziehung bis 30.1.1964 und wiederum Pflichtbeitragszeiten ab Januar 1965 zum Teil mit Unterbrechungen bis September 1974 aufgeführt, außerdem Internierungs/Verschleppungszeiten. Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.

Mit Bescheid vom 30.5.1990 hat die Beklagte antragsgemäß ab 1.4.1990 Altersruhegeld (899,50 DM) zunächst unter Anrechnung von 132 Monaten Beitragszeiten nach dem FRG zwischen 1.3.1941 und 26.4.1975,

7 Monaten Kindererziehungszeiten,

176 Monate Ersatzzeit (zwischen August 1941 und Januar 1956) sowie 13 Monaten Ausfallzeiten gewährt.

Die während des Bezugs einer dem Altersruhegeld entsprechenden Leistung ab 26.4.1975 zurückgelegte Beitragszeit könne aber nicht auf die Rente angerechnet werden. Der streitige Zeitraum ist zu 1/6 mit Ersatzzeiten belegt.

Auf den Widerspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 7.9.1990 die Altersrente mit 1.256,90 DM unter Anrechnung von unverändert 132 Monaten Beitragszeiten,

320 Monaten Ersatzzeiten (zusätzlich vom 1.2.1956 bis 22.10.1988 mit 1/6-Anrechnung ab April 1975),

5 Monaten Ausfallzeiten, insgesamt 457 anrechenbaren Monaten festgesetzt.

Gegen die Zurückweisung des darüber hinausgehenden Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 6.2.1991, als Einschreiben zur Post gegeben am 8.2.1991, wendet sich die Klage vom 19.3.1991.

Außerdem hat die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 17.12.1991 Altersruhegeld für langjährig Versicherte ab Übersiedlungsdatum 23.10.1988 bewilligt mit 1.301,52 DM unter Anrechnung von 132 Monaten Beitragszeiten, 317 Monaten Ersatzzeiten und 3 Monaten Ausfallzeit, insgesamt 450 Monate bis 26.4.1975 zurückgelegte Versicherungzeit. Auch dieser Bescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Mit Urteil vom 13.11.1992 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 27.4.1975 bis 22.10.1988 als Ersatzzeit auch zu weiteren 5/6 anzuerkennen. Das Sozialgericht hat zunächst Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Klagefrist gewährt, weil die am 13.2.1991 durch Telefax an die Beklagte übermittelte Klageschrift dort nicht aufgefunden werden könne. Es sei durch den Stempelaufdruck eine 2. Übersendung wegen einer Fehlermeldung dokumentiert und von einer Kanzleimitarbeiterin des Prozeßbevollmächtigten bestätigt. Es sei zwar auch nicht festzustellen, daß das Original eingegangen sei, jedoch sei nicht auszuschließen, daß sowohl das Telefax als auch das Original in eine andere Akte abgeheftet worden seien.

Während des Bezugs der russischen Rente wegen Kinderreichtums sei die Klägerin nicht gehindert gewesen, dort Beiträge zu entrichten. Gerade der Umstand, daß durch das Festhalten im Ausland die Möglichkeit genommen werde, Beiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung (Zusatz des Senats: im damaligen Gebiet der Bundesrepublik) zurückzulegen, solle durch die Ersatz zeit ausgeglichen werden. Dem stehe § 19 Abs. 3 FRG nicht entgegen. Die russische Rente (bei einer Arbeitszeit von mindestens 15 Jahren und mindestens 5 Geburten bei einer Frau im Alter von 50 Jahren) entspreche dem Ke...

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