Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Laborarzt. keine Befugnis zum Bezug des Teils 3 der Befunderhebung aus einer Laborgemeinschaft. Beteiligtenfähigkeit einer Laborgemeinschaft. Verfassungsmäßigkeit. Sachlich-rechnerische Berichtigung. Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung. Auslegung von Vergütungsbestimmungen. Honorarverteilungsgerechtigkeit. Klagebefugnis
Leitsatz (amtlich)
Laborärzte sind, anders als Nicht-Laborärzte, wegen des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung (vgl § 15 Abs 1 S 1 SGB 5) nicht befugt, nach § 25 Abs 3 S 1 BMV-Ä bzw § 28 Abs 3 S 1 EKV (juris: EKV-Ä) den Teil 3 der Befunderhebung aus einer Laborgemeinschaft zu beziehen, deren Mitglied sie sind.
Orientierungssatz
1. Eine Laborgemeinschaft ist beteiligtenfähig iS von § 70 SGG.
2. Die Ungleichbehandlung zwischen den Ärzten, die Untersuchungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä von Laborgemeinschaften beziehen können (alle Ärzte außer Laborärzten) und den Laborärzten ist durch hinreichende sachliche Unterschiede begründet.
Normenkette
SGB V § 15 Abs. 1 S. 1, § 106a Abs. 2 S. 1; BMV-Ä §§ 15, 25 Abs. 2-3; EKV-Ä § § 14, § 28 Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; SGG § 70 Nr. 2, § 54 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 1.2.2012 werden zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung betreffend die Quartale IV/2008 bis II/2009 in Höhe von insgesamt 463.900 €.
Die Klägerin zu 1 ist eine Laborgemeinschaft, an welcher neben weiteren Mitgliedern der Kläger zu 2, ein Laborarzt, und die Klägerin zu 3, ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer GmbH, beteiligt sind. Die Beklagte nahm mit an die Klägerin zu 1 gerichtetem Bescheid vom 27.2.2009 für das Abrechnungsquartal IV/2008 sachlich-rechnerische Korrekturen vor und strich in verschiedenen Fällen die Gebührenordnungsposition (GOP) 32072 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä), da diese lediglich einmal berechnungsfähig sei. Zudem teilte sie mit, sie stelle eine bestimmte Zahl von Fällen zurück und beziehe diese nicht in die Abrechnung ein, da Labore die Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä nicht “fremd vergeben„ dürften. Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin zu 1 - das Schreiben unterschrieb der Kläger zu 2 - ua geltend, entgegen der auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vertretenen Ansicht sei der Laborarzt nicht gezwungen, ihm überwiesene Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä ausschließlich im eigenen Labor zu erbringen. Vielmehr sei er berechtigt, den sogenannten Teil 3 (laboratoriumsmedizinische Analyse unter Bedingungen der Qualitätssicherung) wie jeder andere niedergelassene Vertragsarzt, der Mitglied einer Laborgemeinschaft sei, von dieser zu beziehen. Mit Bescheid vom 18.11.2009 erließ die Beklagte einen Teilabhilfebescheid, in dem sie dem Widerspruch hinsichtlich der GOP 32072 abhalf.
Mit Bescheid vom 18.5.2009 führte die Beklagte eine sachlich-rechnerische Korrektur hinsichtlich des Quartals I/2009 durch. Sie strich die GOP 32058, 32072 und 32082 in mehreren Fällen, da diese lediglich einmal berücksichtigungsfähig seien. Außerdem stellte sie 70.492 Fälle wegen “Nichtbeachtung abrechnungsrelevanter Bestimmungen„ zurück, da Labore die Leistungen des Abschnitts 32.2 EBM-Ä nicht “fremd vergeben„ bzw aus einer Betriebsgesellschaft beziehen dürften und die Weitergabe einer Untersuchungsleistung mittels Muster 10A nicht zulässig sei. Hiergegen legte die Klägerin zu 1 - das Schreiben unterschrieb der Kläger zu 2 - Widerspruch ein, soweit die Leistung GOP 32072 gestrichen und die 70.492 Fälle zurückgestellt worden waren. Hinsichtlich der GOP 32072 wurde dem Widerspruch abgeholfen.
Mit einem weiteren Bescheid vom 18.5.2009 erfolgte für das Quartal I/2009 eine sachlich-rechnerische Korrektur hinsichtlich “sonstiger Kostenträger„. Es wurden 311 Fälle zurückgestellt und nicht in die Abrechnung einbezogen, da Labore die Leistungen des Abschnitts 32.2 nicht “fremd vergeben„ bzw aus einer Betriebsgesellschaft beziehen dürften und die Weitergabe einer Untersuchungsleistung mittels Muster 10a nicht zulässig sei. Auch dagegen legte die Klägerin zu 1 - der Kläger zu 2 unterschrieb auch dieses Schreiben - Widerspruch ein.
Für das Quartal II/2009 erging unter dem 13.8.2009 ein Bescheid über eine sachlich-rechnerische Korrektur (Streichung der GOP 32047 hinsichtlich eines Versicherten, da diese nicht neben den GOP 32120, 32122 und 32125 berücksichtigungsfähig sei; Streichung der GOP 32066 und 32072 hinsichtlich jeweils eines weiteren Versicherten, da die Leistung nur einmal berücksichtigungsfähig sei; Zurückstellung von 58.223 Fällen, weil Labore die Leistungen des Abschnitts 32.2 EB...