Leitsatz (amtlich)

Seit 1974-10-01 (Inkrafttreten des Reha-AnglG von 1974-08-07) haben die KK auch bei Genesungskuren, die als Mehrleistungen Ermessensleistungen sind, die erforderlichen Reisekosten zu übernehmen. Die Kostenregelung in RVO § 194 bezieht sich nicht nur auf Pflichtleistungen (Regelleistungen) der KK.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 24.09.1975; Aktenzeichen S 2 K 30/75)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24. September 1975 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die im Zusammenhang mit einer Genesungskur seiner Ehefrau entstandenen Kosten für die Reise und den Gepäcktransport zu erstatten hat oder nicht.

Der Kläger beantragte im Mai 1974 bei der Beklagten für seine mit ihm krankenversicherte Ehefrau auf Vorschlag des behandelnden Arztes Dr. M. in Bad E. eine Festigungskur (Genesungskur). Die Ehefrau befand sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in stationärer Krankenhausbehandlung. Mit Bescheid vom 14. Juni 1974 gewährte die Beklagte der Ehefrau des Klägers eine Genesungskur in St. P. für die Zeit vom 7. Oktober bis zum 1. November 1974. In dem Bescheid heißt es, die Kosten der Genesungskur würden von der Beklagten voll getragen, die Aufwendungen für die An- und Abreise gingen jedoch zu Lasten des Klägers. Nach Beendigung der Kur verlangte der Kläger durch Schreiben vom 3. November 1974 von der Beklagten die Erstattung der entstandenen Reisekosten zum Kurort und zurück sowie der Kosten der Gepäckbeförderung mit insgesamt 201,60 DM. Der Kläger begründete diesen Antrag mit den ab 1. Oktober 1974 geltenden Änderungen von Kostenersatz bei Rehabilitationsmaßnahmen. Durch Bescheid vom 16. Dezember 1974 lehnte die Beklagte die begehrte Kostenerstattung mit der Begründung ab: Das am 1. Oktober 1974 in Kraft getretene Rehabilitationsangleichungsgesetz sei hier nicht anwendbar. Die bewilligte Kur sei keine Pflichtleistung nach § 184 a Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern eine in ihrem Ermessen stehende zusätzliche freiwillige Leistung nach § 187 Nr. 2 RVO gewesen. Die im Rahmen des Ermessensspielraums beschlossenen Richtlinien enthielten die Bestimmung, daß Fahrtkosten anläßlich von Kurmaßnahmen von der Beklagten nicht übernommen würden.

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 1975 mit im wesentlichen der gleichen Begründung wie im Ablehnungsbescheid zurück. Zusätzlich heißt es in den Widerspruchsbescheid, das Rehabilitationsangleichungsgesetz vom 7. August 1974 habe § 187 Nr. 2 RVO nicht geändert, so daß es nach wie vor in das Ermessen der Kasse gestellt sei, durch Satzung den Leistungsumfang bei Genesungskuren zu regeln.

Auf den am 7. Juni 1975 zugestellten Widerspruchsbescheid hin hat der Kläger am 4. Juli 1975 die Klage zum Sozialgericht Koblenz erhoben und seinen Erstattungsanspruch weiterverfolgt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten: Die Ermessensregelung in § 187 Nr. 2 RVO, wonach die Satzung der Krankenkasse Genesenden Fürsorge gewähren könne, werde durch die Neuregelung in § 194 RVO auf Grund des Rehabilitationsangleichungsgesetzes entsprechend beeinflußt. Danach müßten die Krankenkassen auch bei der in ihrem Ermessen stehenden Gewährung einer Genesungskur nach § 187 Nr. 2 RVO die im Zusammenhang mit dieser Kur entstandenen Kosten für die Reise und den Gepäcktransport tragen.

Die Beklagte hat an ihrer Rechtsansicht festgehalten.

Durch Urteil vom 24. September 1975 hat das Sozialgericht Koblenz die Beklagte zur Erstattung der geltend gemachten Kosten dem Grunde nach verurteilt. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Die Rechtslage habe sich durch § 194 RVO in der ab 1. Oktober 1974 geltenden Fassung geändert. Danach müßten die Krankenkassen auch bei Genesungskuren für die Reisekosten aufkommen. Die alten Richtlinien der Beklagten, nach denen Reisekosten von der Krankenkasse nicht zu übernehmen gewesen seien, könnten insoweit nicht mehr angewendet werden.

Das Sozialgericht hat in dem Urteil die Berufung zugelassen. Das Urteil ist der Beklagten am 3. Oktober 1975 zugestellt worden. Am 3. November 1975 hat die Beklagte die Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und macht noch weitere Rechtsausführungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 24. September 1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.

Die Beklagte hat dem Kläger die im Zusammenhang mit der Genesungskur seiner ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge