Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 27.03.1995; Aktenzeichen S 7 U 193/93) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 27.3.1995 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 28.11.1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.3.1989 wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind weder im Klage noch im Berufungsverfahren zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Verkehrsunfall des Klägers als Wegeunfall von der Beklagten zu entschädigen ist oder ob die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls darstellt.
Der am … 1937 geborene Kläger war vom 30.3.1987 bis 22.5.1987 bei der Firma F. Druckzentrum GmbH als Offsetdrucker beschäftigt. Am Nachmittag des 15.6.1987 begab er sich zum F. Druckzentrum, um dort seine Arbeitspapiere, insbesondere eine Gehaltsabrechnung, abzuholen. Auf dem Rückweg befuhr er die Rudolf-Diesel-Straße in F. in Fahrtrichtung Z.straße. Die Rudolf-Diesel-Straße mündet rechtwinklig in die Z.straße; sie setzt sich über diese hinaus nicht fort. Gegenüber der Einmündung der Rudolf-Diesel-Straße in die Z.straße befindet sich ein Firmenparkplatz der damaligen Firma P. AG. Mangels anderweitiger Regelung gilt im Einmündungsbereich die Vorfahrtsregel rechts vor links.
Um 16.25 Uhr stieß der Kläger mit seinem Pkw im Einmündungsbereich der Rudolf-Diesel-Straße in die Z.straße gegen den Anhänger eines von links kommenden Lkw, und zwar in Höhe von dessen Hinterachse. In der Verkehrsunfallanzeige der Polizeidirektion Frankenthal, ausgefertigt von Polizeimeister Sch. und Polizeimeister K., ist festgehalten, beim Kläger sei starker Mundalkoholgeruch festgestellt worden. Den Sicherheitsgurt habe er nicht angelegt. Aufgrund der Beschädigungen am Pkw des Klägers könne davon ausgegangen werden, daß dieser mit unverminderter Geschwindigkeit gegen den Anhänger gefahren sei. Aus seiner Fahrtrichtung seien keinerlei Bremsspuren zu erkennen gewesen. Auch sonst seien keine Spuren vorhanden, die darauf hindeuteten, daß der Kläger hinsichtlich der Vermeidbarkeit des Unfalls etwas getan habe.
Bei dem Unfall erlitt der Kläger dem Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. Sch. vom 17.3.1988 zufolge eine Densfraktur, eine zentrale Hüftpfannenfraktur rechts, eine Commotio cerebri, ein stumpfes Thoraxtrauma sowie multiple Prellungen und Schürfungen. Aufgrund einer nachfolgenden Hüftkopfnekrose wurde eine Endoprothese implantiert.
Bei Aufnahme ins Stadt. Krankenhaus F. wurde festgehalten, der Kläger sei stark betrunken, lallend sowie örtlich und zeitlich nicht orientiert. Im Protokoll über die veranlaßte Blutentnahme zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes ist festgehalten, der Kläger sei vollkommen betrunken. Die Blutalkoholbestimmung durch Prof. Dr. R. ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,82 ‰.
Der Kläger wurde strafrechtlich wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Frankenthal gab Polizeimeister Sch. als Zeuge an, der Kläger sei ungebremst in den Anhänger gefahren, als der Lkw schon fast vorbei gewesen sei.
Der Kläger erklärte anläßlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 20.9.1988, zu dem Zusammenstoß sei es auch deshalb gekommen, weil er nicht auf die Fahrbahn, sondern auf die von ihm bei seinem ehemaligen Arbeitgeber abgeholten Papiere auf dem Beifahrersitz geblickt habe. In einem Schreiben vom 25.9.1988 ergänzte er, sein Mitverschulden liege in einer kurzzeitigen Geistesabwesenheit. Bei einem Blick auf die auf dem Beifahrersitz liegende Gehaltsabrechnung habe er einen zu geringen Betrag bemerkt. Dies habe auf ihn wie ein Schock gewirkt.
Durch Bescheid vom 28.11.1988 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers sei die allein wesentliche Ursache des Unfalls gewesen. Die Vorfahrtsverletzung des Lkw-Führers sei nicht mitursächlich, da dieser zum Unfallzeitpunkt den Einmündungsbereich der Straße nahezu vollständig passiert gehabt habe.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 30.3.1989 zurückgewiesen.
Das Klageverfahren wurde bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Zivilrechtsstreit des Klägers gegen den Führer und den Halter des unfallgegnerischen Lkw sowie dessen Haftpflichtversicherung zum Ruhen gebracht.
In einem Gutachten für die gegnerische Haftpflichtversicherung vom 2.3.1988 führte Diplom-Ingenieur F. aus, die Aufprallgeschwindigkeit des Klägers müsse bei etwa 50 km/h gelegen haben, während die Geschwindigkeit des Lkw etwa 20 km/h betragen habe. Da der Lkw 4 Sekunden vom Schnittpunkt der Straßen bis zur Anstoßstelle benötigt habe, hätte der Kläger ohne Schwierigkeiten anhalten können.
Diplom-Ingenieur G. führte in einem Gutachten für das Landgericht Frankenthal vom 11.9.1989...