Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Pflegehilfsmittel. Pflegebett mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen. Leistungszuständigkeit. Zweck der Pflegeerleichterung. Hilfsmittelverzeichnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistungszuständig für die Gewährung eines Pflegebetts ist nicht der Träger der Krankenversicherung, sondern der Träger der Pflegeversicherung, wenn der Betroffene quasi zum "Objekt der Pflege" geworden ist. Dies gilt auch für die private Pflegeversicherung.

2. Dient ein Bett dem Zweck der Pflegeerleichterung, hat der Pflegeversicherungsträger erforderlichenfalls auch ein Pflegebett mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen zu gewähren.

3. Unschädlich ist, dass das Pflegebett nicht im Hilfsmittelverzeichnis enthalten ist.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13.1.2015 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Selbstbeschaffung des Kinderpflegebettes "Kayser Bett Olaf 98 farbig KR3 200 x 90 cm mit Bremsrollen" 893,12 EUR nebst Zinsen aus 1.024.02 EUR in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für den Zeitraum vom 17.12.2013 bis zum 20.1.2015 und aus 893,12 EUR in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.1.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für ein Kinderpflegebett in Höhe von 893,12 € nebst Zinsen.

Der Kläger ist beihilfeberechtigt und daneben bei der Beklagten privat pflegeversichert. Sein 1994 geborener Sohn J (J) leidet an einem Trisomie 21-Syndrom mit schwerer geistiger Behinderung nach BNS-Krampfanfällen (West-Syndrom) und autistischem Syndrom. Für seinen Sohn erhält der Kläger Leistungen zu 80 % von der Beihilfestelle und ausgehend von der Pflegestufe III zu 20 % von der Beklagten.

Die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin Dr L verordnete für den Sohn des Klägers am 28.8.2013 ein „Kayser-Bett, Olaf 98“. Die Beklagte holte hierzu Stellungnahmen der Firma M, Abteilung Hilfsmittel vom 10. und 23.10. 2010 ein. Darin hieß es: Der Sohn des Klägers könne weder stehen noch gehen. Es bestehe ein Hilfebedarf in Form überwiegend vollständiger Übernahme in sämtlichen Bereichen des täglichen Lebens. J, der 1,60 Meter groß sei, sei 19 Jahre alt und falle nicht mehr unter die Regelungen der Kinderversorgung bei der Pflegebegutachtung. Auch eine Kleinwüchsigkeit (bei Männern unter 1,50 Meter Körpergröße), bei welcher eine Kinderversorgung im Einzelfall möglich wäre, liege nicht vor. Das angebotene Spezialbett könne nicht von der privaten Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt werden. Der Kläger legte eine Stellungnahme der Ärztin Dr L vom September 2013, ein ausführliches Attest der Leitenden Oberärztin Dr P (Institutsambulanz des J - N ) vom Oktober 2013 und einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses T über einen Betrag von 5.120,-- € vor. Die Ärztin Dr L führte an: Aufgrund seiner autoaggressiven Verhaltensweisen benötige J eine ständige Beaufsichtigung, die nachts nicht gewährleistet sei. Es sei deshalb ein spezielles Pflegebett (Box-Bett) vonnöten. Dieses diene dem Schutz von J, da er sich sonst beim nächtlichen Aufstehen deutlich gefährden würde. Eine Alternative wäre nur die Fixierung von J im Bett, die aber aus ethischen Gründen nicht in Frage komme. Die Leitende Oberärztin Dr P legte dar: Ab dem 1.11.2013 sei eine Unterbringung in einer spezialisierten Betreuungseinrichtung vorgesehen. In diesem Zusammenhang sei die Neuanschaffung eines Pflegebettes unabdingbar. In der häuslichen Betreuung habe sich ein sog Box-Bett bewährt, das inzwischen nicht mehr nach DIN zugelassen sei. Die Neuanschaffung eines vergleichbaren Spezialbetts (Kayserbett „Olaf“ mit Bremsrollen) als Hilfsmittel sei dringend zu befürworten. Dieses Kinderpflegebett ermögliche dem motorisch unruhigen Patienten größtmögliche Sicherheit. Aufgrund seiner Bewegungsstörung, der geistigen Behinderung sowie der mangelnden Sehkraft sei er bei unkontrolliertem Aufstehen gefährdet. Die Nachtruhe sei trotz Hinzuziehung eines Schlafsacks nicht immer gewährleistet, sodass zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssten. Falls dieses Pflegebett nicht zur Verfügung gestellt werde und lediglich ein reguläres Erwachsenenpflegebett bereitgestellt werden könne, sei mit einer zusätzlichen Gefährdung für Leib und Leben zu rechnen.

Die Beihilfestelle erkannte das Pflegebett mit Bescheid vom 13.11.2013 als beihilfefähig an. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, der Wunsch des Klägers nach einem speziellen Pflegebett mit hohen Bettgittern beruhe auf der erforderlichen Absicherung gegen Gefahren; die hohen Bettgitter/Seitentüren würden nicht bei der Durchführung grundpflegerischer Maßnahmen benötigt, sondern dienten dem Zweck der sicheren Aufbewahrung von J, weshalb sie nicht leistungspflichtig sei. Der Kläger machte demgegenüber geltend:...

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