Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Gefahrtarif 1998. Wahl der Gefahrtarifstelle. Selbstverwaltungsrecht. Gewerbezweigtarif. Tätigkeitstarif. gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung
Orientierungssatz
Zur Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs 1998 und der auf dieser Grundlage durchgeführten Veranlagung eines Unternehmens der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nach der Gefahrtarifstelle 48 (kaufmännischer und verwaltender Teil) mit der Gefahrklasse 0,57 und nach der Gefahrtarifstelle 49 (gewerblicher Bereich) mit der Gefahrklasse 10,66.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit des von der Vertreterversammlung der Beklagten am 11.12.1997 beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt am 15.12.1997 genehmigten Gefahrtarifs (Gefahrtarif 1998) sowie über die Rechtmäßigkeit des in Anwendung dieses Tarifs ergangenen Veranlagungsbescheids vom 24.6.1998 und der Beitragsbescheide für die Folgejahre.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜ). Sie wurde durch Mitgliedschein vom 12.12.1985 in das Mitgliederverzeichnis der Beklagten aufgenommen.
Durch Veranlagungsbescheid vom 24.6.1998 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach den Gefahrtarifstellen 48 und 49 des Gefahrtarifs 1998 für den Zeitraum ab 1.1.1998, in dem sie der Gefahrtarifstelle 48 die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der bei Verleiher und Entleiher eingesetzten Arbeitnehmer mit der Gefahrklasse 0,57 und der Gefahrtarifstelle 49 die im gewerblichen Bereich Beschäftigten mit der Gefahrklasse 10,66 zuordnete.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin zunächst geltend, die nichtkaufmännischen Arbeitnehmer hätten nicht einheitlich der Gefahrtarifstelle 49 zugeordnet werden dürfen; vielmehr hätte die Beklagte eine weitere Differenzierung vornehmen müssen. Außerdem sei davon auszugehen, dass bei der Ermittlung der Gefahrklassen Berechnungsfehler aufgetreten seien. Darüber hinaus seien andere Mitglieder der Beklagten, insbesondere die Sportvereine, vor allem aber die Sportartisten und Stuntmen mit der Gefahrklasse 1,05, rechtswidrig begünstigt worden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 12.2.1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, in der Branche der gewerblichen AÜ gebe es eine große Bandbreite von Gefährdungsrisiken. Dem habe sie durch die Bildung von zwei Gefahrtarifstellen Rechnung getragen. Eine weitere Differenzierung würde das Gewerbezweigprinzip durchbrechen. Dem Gewerbezweigtarif komme der Vorrang vor einem Tätigkeitentarif zu. Die Gefahrklassenberechnung der Gefahrtarifstellen 48 und 49 sei versicherungsmathematisch begründbar und nachvollziehbar. Sie beruhe auf den im Beobachtungszeitraum 1.1.1994 bis 31.12.1996 gewonnenen Daten. Da für den Gefahrtarif 1998 erstmals auf eine Normierung der Belastungsziffern verzichtet worden sei, entspreche nunmehr die Gefahrklasse der Belastungsziffer. Dies führe zwar nominell zu einer niedrigeren Gefahrklasse, andererseits aber zu einem erhöhten Beitragsfuß. Die Gefahrklassen aller Mitgliedsunternehmen würden nach den gleichen Methoden entwickelt, so dass eine Bevorzugung anderer Gewerbezweige nicht erkennbar sei.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Klägerin durch Bescheid vom 22.4.1999, geändert durch Bescheid vom 27.4.1999, zu einem Gesamtbeitrag von 738.965,56 DM veranlagt. Hiervon entfallen, neben den Anteilen am Gemeinsamen Ausgleich und an der Insolvenzgeld-Umlage, 698.560,26 DM auf die Gefahrtarifstelle 49 und 5.564,72 DM auf die Gefahrtarifstelle 48.
Im Klageverfahren hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und außerdem geltend gemacht, die Beklagte sei schon nicht die für sie zuständige Berufsgenossenschaft. Den ihr zustehenden Regelungsspielraum habe die Beklagte durch die Bildung einer einheitlichen Gefahrtarifstelle für die gewerblichen Arbeitnehmer überschritten. Die Bandbreite der gewerblichen Tätigkeiten in Zeitarbeitsunternehmen sei ähnlich groß wie die Vielfalt der existierenden Berufsgruppen. Ähnlich unterschiedlich seien auch die denkbaren Unfallgefahren. Dies zeige das Beispiel der medizinisch-technischen Assistentin, die früher zur Gefahrklasse 2,5 veranlagt worden sei. Einer Tarifstelle dürften aber keine Gewerbezweige eingegliedert werden, die in ihrer Belastung signifikant vom Durchschnitt der Tarifstelle abwichen. Es sei daher rechtswidrig, alle gewerblichen Tätigkeiten in einer Gefahrtarifstelle zusammen zu fassen. Die Berechnung der Gefahrtarifstellen sei fehlerhaft, weil die Beklagte die für Zeitarbeitsunternehmen geltenden Tarifstellen immer wieder neu gefasst habe. Bis 1994 seien beispielsweise die medizinisch-technischen Assistentinnen zum büromäßigen Bereich gemeldet worden; seit dem 1.1.1995 seien s...