Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit. Erforderlichkeit der Dokumentation nach außen
Leitsatz (amtlich)
Die Angabe von Arbeitsunfähigkeit allein in den Krankenunterlagen des Arztes ohne eine Dokumentation nach außen reicht für eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 46 S 1 Nr 2 SGB V nicht aus.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 28.09.2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 04.06.2013 bis zum 30.06.2013.
Der 1969 geborene Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, war bis 15.05.2013 als Lagerarbeiter beschäftigt. Anschließend war er arbeitslos. Am 09.03.2013 trat Arbeitsunfähigkeit wegen einer Glaskörperblutung bei diabetischer Retinopathie ein. Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 17.04.2013 einen ersten Auszahlschein für Krankengeld und wies darauf hin, dass spätestens am letzten Tag der bisher vorläufig bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ein Arzt aufgesucht werden müsse, um das Ende der Arbeitsunfähigkeit oder die Verlängerung vermerken zu lassen. Die Beklagte gewährte dem Kläger Krankengeld ab dem 20.04.2013. Der Allgemeinarzt B bescheinigte dem Antragsteller im Auszahlschein vom 06.05.2013 weitere Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.05.2013. Im Auszahlschein vom 21.05.2013 gab er an, der Kläger sei voraussichtlich bis zum 03.06.2013 arbeitsunfähig. Am 06.06.2013 stellte er einen weiteren Auszahlschein aus und gab an, der Kläger habe sich zuletzt am 03.06.2013 bei ihm vorgestellt und sei voraussichtlich bis zum 23.06.2013 arbeitsunfähig. Mit Bescheid vom 07.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ihm sei am 06.05.2013 Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.05.2013 bescheinigt worden. Er habe sich aber erst am 21.05.2013 weitere Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lassen, so dass eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit nicht anzuerkennen sei. Durch einen von ihr zu vertretenden Irrtum sei ihm aber über den 20.05.2013 hinaus Krankengeld gezahlt worden. Hierbei handele es sich um eine unrechtmäßig begünstigende Entscheidung, die nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden dürfe. Die Krankengeldzahlung werde spätestens mit dem 03.06.2013 eingestellt, da nach diesem Tag erneut keine lückenlose Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei. Die Ausstellung sei erst am 06.06.2013 erfolgt. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, der 20.05.2013 sei Pfingstmontag gewesen, so dass sich die Frist um einen Tag verlängert habe. Die Bescheinigung weiterer Arbeitsunfähigkeit am 21.05.2013 sei deshalb rechtzeitig gewesen. Danach habe er sich am 03.06.2013 (Montag), also rechtzeitig, beim Arzt vorgestellt, der ihm weiterhin Arbeitsunfähigkeit attestiert habe. Der Zahlschein sei dann am 06.06.2013 ausgefüllt worden. Auch während dieses Zeitraums könne ihm keine Verspätung vorgehalten werden. Der Kläger legte eine Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin B vom 27.06.2013 vor, der ausführte, der Kläger habe sich am 25.03.2013 erstmals in seiner Praxis vorgestellt und sei bis zum 30.06.2013 durchgehend arbeitsunfähig. Ein Reha-Antrag zur Durchführung einer orthopädischen Rehabilitation sei gestellt worden. Durch Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013, zugestellt am 29.10.2013, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2013 Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben. Er hat vorgetragen, er sei am 03.06.2013 bei seinem Hausarzt vorstellig geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm auch Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Warum der Auszahlschein erst am 06.06.2013 ausgestellt worden sei, könne er jetzt nicht mehr nachvollziehen. Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den Ärzten Dr. W , B , Dr. S und Dr. P eingeholt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin B hat in seinem Befundbericht vom 09.04.2014 angegeben, es hätten u.a. am 03.06.2013 und 04.06.2013 Patientenkontakte stattgefunden. Am 21.05.2013 sei im Evangelischen Krankenhaus Z eine Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule des Klägers durchgeführt worden. Da bei der damaligen Untersuchung auch der Verdacht auf eine Harnstauung geäußert worden sei und der Befund erst am 03.06.2013 in seiner Praxis vorgelegen habe, sei für den 04.06.2013 eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums durchgeführt worden. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers sei am 03.06.2013 zunächst bis zum 30.06.2013 verlängert worden. Beigefügt war ein Computerausdruck der Karteikarte, in der unter dem 03.06.2013 vermerkt ist, dass Arbeitsunfähigkeit am 03.06.2013 festgestellt wurde.
Durch Urteil vom 28.09.2015 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld über den 03.06.2013 hinaus bis zum 30.06....