Leitsatz (amtlich)
1. Die Rente allein aus Höherversicherungsbeiträgen (nach dem Rechtszustand vor dem RRG) ist eine "Rente aus der Rentenversicherung" und löst daher grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme in die Rentnerkrankenversicherung oder - bei Bestehen einer anderweitigen Krankenversicherung - auf Gewährung eines Beitragszuschusses aus.
2. Sind die Höherversicherungsbeiträge geleistet worden, als die Abschaffung der Rentenleistung ausschließlich aus Höherversicherungsbeiträgen durch das RRG bevorstand, so stellt es jedoch einen Rechtsmißbrauch dar, wenn der Versicherte aufgrund der ihm noch bewilligten Rente aus den Höherversicherungsbeiträgen die Übernahme in die Rentnerkrankenversicherung oder die Gewährung eines Beitragszuschusses begehrt.
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 20.02.1974; Aktenzeichen S 2 A 437/73) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 20. Februar 1974 wird zurückgewiesen.
2. Die Klage gegen die beigeladene Krankenkasse wird abgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das der Klägerin von der Beklagten gewährte Altersruhegeld aus einem Höherversicherungsbeitrag einen Anspruch gegen die beigeladene Krankenkasse auf Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner begründet oder nicht.
Die am … 1906 geborene Klägerin war vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1972 im Geschäft ihres Sohnes – Konditorei und Cafe in W. – gegen ein monatliches Entgelt von 265,– DM brutto als Verkäuferin beschäftigt und bei der Beklagten rentenversichert sowie bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert gewesen. Am 8. Januar 1973 beantragte die Klägerin bei der Beklagten das Altersruhegeld. Sie fügte diesem Antrag eine lose Beitragsmarke der Höherversicherung im Wert von 17,– DM bei.
Durch Bescheid vom 26. Oktober 1973 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 1972 ein monatliches Altersruhegeld von 0,20 DM aus dem einen Höherversicherungsbeitrag, den die Beklagte für den Monat Juli 1972 anrechnete. Die ab 1. August 1972 von der Klägerin geleisteten Versicherungsbeiträge wurden in Höhe des Arbeitnehmeranteils an die Klägerin zurückerstattet, weil sie als Rentenempfängerin ab diesem Zeitpunkt versicherungsfrei ist.
Die beigeladene Krankenkasse teilte der Klägerin durch Schreiben vom 31. Oktober 1973 – ohne Rechtsmittelbelehrung – mit, das von der Beklagten gewährte Altersruhegeld aus dem Höherversicherungsbeitrag begründe keinen Anspruch auf Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner, die Klägerin könne sich nur freiwillig weiterversichern. Die Krankenkasse Übernahm die Klägerin auf ihren entsprechenden Antrag ab 1. November 1973 in die freiwillige Weiterversicherung.
Auf den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 1973 hin hat die Klägerin am 27. November 1973 die Klage erhoben und ihre Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner und die Beitragsleistung zur Rentnerkrankenversicherung durch die Beklagte begehrt.
Die Klägerin hat geltend gemacht: Sie habe wirksam einen Höherversicherungsbeitrag zur Angestelltenversicherung entrichtet, um dadurch in den Genuß eines Altersruhegeldes und der damit verbundenen Rentnerkrankenversicherung zu gelangen. In dem Altersruhegeldbescheid habe die Beklagte zur Frage der Beitragsübernahme im Rahmen der Rentnerkrankenversicherung jedoch nicht Stellung genommen. Ihre Krankenkasse habe ihr durch Schreiben vom 31. Oktober 1973 mitgeteilt, daß der Rentenbezug keine Krankenversicherung der Rentner begründe.
Die Beklagte hat ausgeführt: Die Rente der Klägerin allein aus dem Höherversicherungsbeitrag könne weder eine Krankenversicherungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) noch einen Anspruch auf einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO auslösen, da diese Rente keine Rente im Sinne dieser Vorschriften sei. Eine andere Beurteilung würde dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers widersprechen. Die Höherversicherung habe einen ganz anderen Sinn und Zweck als die eigentliche Rentenversicherung. Sie sei lediglich eine Zusatzversicherung. Es wäre systemwidrig, die Höherversicherungsrente als Rente im Sinne von § 165 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 381 Abs. 4 RVO zu behandeln. Das werde schließlich durch die Neufassung des § 72 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) durch das Rentenreformgesetz bestätigt. Danach dürften Rentenleistungen aus Höherversicherungsbeiträgen nur noch zusammen mit Renten aus Pflicht- und freiwilligen Beiträgen erbracht werden. Die Neufassung gelte zwar erst für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 1972, die Neuregelung berühre jedoch die Zweckbestimmung der Höherversicherungsrente nicht. Sie bringe lediglich eine Neuregelung der Voraussetzungen unter denen die Rente laufend zustehe. Eine Änderung der Rechtslage beim Bezug von reinen Höherversicherungsrenten im Hinblick auf die Krankenversicherung der Rentner sei damit nicht eingetreten. Dafür spreche auch die Regelung in Art...