Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenübernahme. Arzneimittel. Verordnungsfähigkeit. Zulassungsverfahren

 

Orientierungssatz

Nicht nur dann, wenn die Zulassung eines Arzneimittels abgelehnt worden ist, ist es von der Verordnungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn eine Entscheidung über die Zulassung aussteht, sei es, weil das Zulassungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder weil der Hersteller des Medikaments die Zulassung nicht beantragt hat (vgl BSG vom 23.7.1998 - B 1 KR 19/96 R = SozR 3-2500 § 31 Nr 5).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für das Medikament Wobe-Mugos E.

Die Klägerin ist die Witwe und Rechtsnachfolgerin des 1924 geborenen und 1995 verstorbenen W. H. (Versicherter). Der Versicherte litt an einem Knochentumor am rechten Bein und wurde deshalb mehrmals operativ behandelt. Ab 1989 wurde ihm ua das Medikament Wobe-Mugos E in Tablettenform privatärztlich verordnet.

Die Beklagte erklärte sich aufgrund eines Antrages des Versicherten zunächst zeitlich begrenzt bereit, 84 % der Arzneikosten für das Medikament Wobe-Mugos E zu erstatten, zuletzt am 8.7.1992 bis 30.6.1993. Dabei wurde der Versicherte ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne Präjudiz handele und daß die Entscheidung jederzeit für die Zukunft widerrufen werden könne, soweit sie nicht mehr mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang gebracht werden könne.

Nachdem der Kläger beantragt hatte, ihm auch über den 30.6.1993 hinaus die angefallenen Kosten zu erstatten, holte die Beklagte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Medizinalrat Dr. S. führte in seinem Gutachten vom 1.2.1994 aus, bei dem Medikament Wobe-Mugos E handele es sich um ein Gemisch von Rinderpankreas- und Kalbsthymusenzymen sowie weiteren Bestandteilen. Ein Wirksamkeitsnachweis liege nicht vor. Eine weitere Kostenübernahme könne nicht befürwortet werden.

Nachdem dem Versicherten telefonisch mitgeteilt worden war, daß eine weitere Kostenerstattung nunmehr nicht mehr erfolgen könne, legte er ein Attest der Dres S. und S.-G. vor, in dem eine Weiterbehandlung mit Wobe-Mugos-Tabletten für dringend erforderlich erklärt wurde.

Mit Bescheid vom 17.2.1994 ohne Rechtsmittelbelehrung lehnte die Beklagte die weitere Kostenübernahme ab.

Der Versicherte bat mit Schreiben vom 21.7.1994 die Beklagte, ihre Entscheidung vom 17.2.1994 zu ändern. Mit Bescheid vom 2.8.1994 und Widerspruchsbescheid vom 26.6.1995 lehnte die Beklagte erneut eine Kostenerstattung ab.

Mit Urteil vom 21.1.1997 hat das Sozialgericht Speyer (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Versicherte habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für die Behandlung mit dem Arzneimittel Wobe-Mugos zur Tumornachsorge und Metastasenprophylaxe gehabt, so daß die Klägerin keinen Anspruch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge geltend machen könne. Eine Kostenerstattung komme gemäß § 13 Abs 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) abweichend vom Sachleistungsprinzip nur dann in Betracht, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Das Medikament Wobe-Mugos gehöre nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, so daß ein Sachleistungsanspruch gegenüber der Beklagten, der sich in einen Kostenerstattungsanspruch hätte umwandeln können, nicht bestanden habe. Auch wenn man das Medikament Wobe-Mugos als naturheilkundliches Arzneimittel der besonderen Therapierichtung "Enzymtherapie" zurechnen wolle, bestehe keine Sachleistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig davon, ob das Medikament über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfüge. Unabhängig von der Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung komme die Versorgung des verstorbenen Versicherten mit dem Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den sogenannten Außenseitermethoden nicht in Betracht. Nach dieser Rechtsprechung sei ein Wirksamkeitsnachweis zu fordern. Dieser Wirksamkeitsnachweis habe der MDK in seinem Gutachten verneint. Er ergebe sich auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Darin würden zwar 176 literarische Fundstellen zitiert, diese stellten aber keine Studie dar. Im Übrigen sei der vorgelegte Aufsatz des Prof. Dr. Dr. W. und die darin zitierten Untersuchungen allgemein auf eine Krebstherapie mit Enzymen bezogen und nicht speziell auf das Arzneimittel Wobe-Mugos. Auch wenn daraus eine Wirksamkeit einer Enzymtherapie zur Behandlung von Krebserkrankungen nicht generell verneint werden könne, sei dies kein Wirksamkeitsnachweis für das hier streitige Arzneimittel.

Gegen das ihr am 10.4.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.5.1997 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, das Arzneimittel Wobe-Mugos E sei ...

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