Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 04.06.1975; Aktenzeichen S 4 Ar 121/74) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 4. Juni 1975 abgeändert:
Die Bescheide des Arbeitsamtes N. vom 11. November 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. November 1974, vom 29. August 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides, vom 8. Oktober 1974 und vom 12. November 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1974 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 21. Juni 1974 bis 8. September 1974 und vom 11. Oktober 1974 bis 8. Dezember 1974 Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe eines fiktiven Arbeitsentgelts als Abteilungsleiter im Einzelhandel mit sechs Berufsjahren und fünf bis zwölf unterstellten Beschäftigten zu zahlen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Berufung wendet sich der Kläger weiter gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 16. April 1973 bis 19. Januar 1974 sowie die Ablehnung zweier Anträge auf Alhi vom 21. Juni 1974 und 11. Oktober 1974. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) war und welches fiktive Einkommen nach den §§ 136 Abs. 2 Nr. 2, 112 Abs. 7 AFG zugrunde zu legen ist.
Die Alhi ist dem Kläger ab 16. April 1973 nach Maßgabe eines fiktiven Arbeitsentgelts von 275,– DM wöchentlich bewilligt worden. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Mit Bescheid vom 11. November 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. November 1974 hat das Arbeitsamt Neuwied die Bewilligung für die Zeit vom 16. April 1973 bis 19. Januar 1974 aufgehoben, weil keine Bedürftigkeit vorgelegen habe. Am 20. Dezember 1974 hat der Kläger dagegen Klage erhoben.
In der Zeit vom 21. Januar 1974 bis 21. Juni 1974 war er arbeitsunfähig erkrankt.
Seinen Antrag vom 21. Juni 1974 auf Wiederbewilligung der Arbeitslosenhilfe hat das Arbeitsamt mit Bescheid vom 29. August 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 1974 wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Klage vom 14. Oktober 1974.
In der Zeit vom 9. September bis 7. Oktober 1974 war der Kläger auf Kosten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur Kur.
Seinen Antrag vom 11. Oktober 1974 auf Wiederbewilligung der Alhi hat das Arbeitsamt mit Bescheid vom 12. November 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1974 ebenfalls mangels Bedürftigkeit abgelehnt. Dagegen hat der Kläger am 4. Dezember 1974 Klage erhoben.
Vom 9. Dezember 1974 an hat der Kläger an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung teilgenommen und Unterhaltsgeld bezogen.
Zur Bedürftigkeit:
Mit einem Vertrag vom 2. August 1972 hat der Kläger Haus- und Grundbesitz in E. veräußert. Die Käuferin hat folgende Kaufpreiszahlungen geleistet:
Am 19. Dezember 1972 |
140.000,– DM |
am 30. Dezember 1972 |
10.000,–” |
am 31. Januar 1973 |
10.000,–” |
in der Zeit von Januar 1973 bis Mai 1975 monatlich 1250,– DM, und zwar für die Monate Februar und März 1973 am 14. April 1974, im übrigen zu jedem Monatsanfang, insgesamt also 29 × 1250,– DM = |
36.250,–” |
in der Zeit von Juni 1975 bis Februar 1976 zu jedem Monatsanfang 750,– DM, insgesamt also |
6750,–” |
am 19. März 1976 |
98.916,01”. |
Die Ratenforderung hat der Kläger am 13. Dezember 1972 in Höhe von 750,– DM monatlich an die Raiffeisenkasse A. abgetreten. Im Übrigen sind Belastungen der Grundstücke in Höhe von insgesamt 390.833,99 DM von der Käuferin übernommen und auf den vereinbarten Kaufpreis angerechnet worden.
Die Beteiligten streiten darüber, ob in der Zeit vom 16. April 1973 bis 8. Dezember 1974 die monatlichen Ratenzahlungen als Einkommen des Klägers anzusetzen sind oder nicht. Sie sind darüber einig, daß der Kläger in der streitigen Zeit trotz gewisser Einnahmen aus einer Hausverwaltertätigkeit bedürftig im Sinne des Gesetzes war, wenn die Ratenzahlungen außer Betracht bleiben.
Der Kläger hatte nämlich zur Zeit des Verkaufs der Häuser erhebliche Schulden, Außerdem hat er für sich und seine damals siebenköpfige Familie mit Hilfe des Verkaufserlöses ein neues Heim geschaffen, indem er ein Ein-Familien-Haus in A. erwarb und ausbaute. Er hat etwa so viel Geld, wie ihm aus dem Verkauf des Grundbesitzes zugeflossen ist, für den Erwerb und Ausbau des neuen Hauses und zum Zwecke der Tilgung von Schulden aus der Zeit vor dem Verkauf des Grundbesitzes aufgewendet. Darüber sind die Beteiligten im Tatsächlichen einig. Im einzelnen hat der Kläger zahlreiche finanzielle Transaktionen vorgenommen. Der Senat hat sie weitgehend überprüft und dabei keinen Anlaß zu Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Klägers gefunden. Die Einigkeit der Beteiligten im Tatsächlichen über die Höhe der für Schulden aus der Zeit vor dem Ve...