Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsreferendar (Gerichtsreferendar), der zwischen Ablegung der 2. Staatsprüfung und der Übernahme in das Richterverhältnis einen Monat bei einem Rechtsanwalt tätig ist
Leitsatz (amtlich)
Wird ein ehemaliger Rechtsreferendar etwa einen Monat nach Ablegung der 2. Staatsprüfung in das Richterverhältnis auf Probe übernommen und steht diese Verwendung bei oder gleich nach Ablegung der Prüfung bereits fest, dann begründet die zwischenzeitlich halbtägige Aushilfsbeschäftigung von einem Monat als Assessor bei einem Rechtsanwalt keine Versicherungspflicht (AVG § 4 Abs 1 Nr 6, § 4 Abs 2 Buchst a aF, RVO § 168 Abs 1 Nr 2, RVO § 168 Abs 2 Buchst a aF).
Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 25.08.1976; Aktenzeichen S 2 K 38/76) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil das Sozialgerichts Koblenz vom 25. August 1976 und der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 1976 aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die dem Kläger im 1. Rechtszug, die Beklagte und die Beigeladene zu 2) und 3) haben als Gesamtschuldner die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu ersetzen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene S. während seiner Beschäftigung bei dem Kläger im August 1975 versicherungspflichtig war oder nicht.
Der Beigeladene S. bestand im Juli 1975 die Große Juristische Staatsprüfung. Ab 1. September 1975 wurde er in das Richterverhältnis auf Probe übernommen. In der Zwischenzeit – August 1975 – arbeitete er als Assessor für 1.494,– DM im Anwaltsbüro des Klägers. Diese Tätigkeit war von vornherein auf einen Monat befristet gewesen.
Durch Bescheid vom 15. Januar 1976 stellte die Beklagte unter Hinweis auf des Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. April 1964 – 3 RK 68/60 – die Versicherungspflicht das Beigeladenen S. in der Krankenversicherung und der Angestelltenversicherung und die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit fest, weil es sich trotz der Befristung auf nur einen Monat um eine berufsmäßige Tätigkeit gehandelt habe. Die Beklagte forderte gleichzeitig vom Kläger eine Beitragszahlung von insgesamt 470,36 DM. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch hat der Kläger geltend gemacht, eine Berufsmäßigkeit könne nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit der Beschäftigung, nicht aber hier angenommen werden, da bereits im Juli 1975 festgestanden habe, daß der Beigeladene S. ab 1. September 1975 als Richter und somit in der Zwischenzeit nur kurzfristig und aushilfsweise tätig sein werde.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten hat den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 22. März 1976 mit der Begründung zurückgewiesen, für den Begriff der Berufsmäßigkeit sei nicht die Art des Arbeitsverhältnisses (Lohnempfänger, Angestellter, Beamter) von Bedeutung, sondern die Tatsache, daß aus den Erträgnissen der Tätigkeit der Lebensunterhalt bestritten werde, was für den Beigeladenen S. zweifellos zutreffe.
Am 22. April 1976 hat der Kläger die Klage zum Sozialgericht Koblenz erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und zusätzlich vorgetragen, der Beigeladene S. habe seinen Lebensunterhalt nicht durch die einmonatige Aushilfsbeschäftigung, sondern überwiegen aus der vorausgegangenen und der anschließenden Beamtentätigkeit bestritten. Die maßgebliche wirtschaftliche Stellung habe sich allein aus dem Beamtenverhältnis ergeben.
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, für die Berufsmäßigkeit und damit die Versicherungspflicht sei es entscheidend, daß der Beigeladene S. mit der Aufnahme seiner Tätigkeit bei dem Kläger als berufsmäßiger Arbeitnehmer ins Erwerbsleben eingetreten sei, wobei es auf die Versicherungsfreiheit der Beamtentätigkeit ab 1. September 1975 nicht ankomme.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. August 1976 abgewiesen. Es hat die Ansicht der Beklagten als richtig bestätigt.
Das Urteil ist dem Kläger am 14. September 1976 zugestellt worden. Am 27. September 1976 hat er die Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, der Beigeladene S. habe bei ihm regelmäßig nur vormittags etwa 4 Stunden gearbeitet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27. September 1976 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 1976 aufzuheben.
Die Beklagte, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die Bundesanstalt für Arbeit beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten das Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und auch begründet.
Der Beigeladene S. war im August 1975 bei dem Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Es handelte sich um eine versicherungsfreie Nebenbeschä...