Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 08.01.1987; Aktenzeichen S 3 Ar 94/85) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 8.1.1987 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind im Klage- und Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids.
Die Klägerin verlor zum 23.9.1983 Ihren Arbeitsplatz und beantragte deshalb 2 Tage zuvor, ihr Arbeitslosengeld zu bewilligen. Ohne Wissen des Arbeitsamtes nahm sie am 3.10.1983 eine neue Tätigkeit auf, die sie jedoch am Tage danach nicht fortsetzte. Am 17.10. gab die Klägerin den ausgefüllten Antrag beim Arbeitsamt ab. Dabei erwähnte sie Ihre zwischenzeitliche Arbeitsaufnahme nicht. Für den 3.10.1983 und – unter Einhaltung einer eintägigen Kündigungsfrist – für den 4.10.1983 erhielt die Klägerin ein Arbeitsentgelt von 68,00 DM. Am 24.4.1984 fand sie wieder eine neue Arbeitsstelle.
Mit Bescheid vom 20.10.1983 bewilligte die Beklagte der Klägerin vom 24.9.1983 an Arbeitslosengeld. Mit Schreiben vom 10.7.1984 teilte ihr die Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz mit, daß die Klägerin vom 3. bis 4.10.1983 Arbeitsentgelt erhalten habe; weiter erfuhr die Beklagte von dem Arbeitgeber, daß die Klägerin am 4.10.1983 nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen und ihr deshalb zu diesem Tage gekündigt worden sei. Die Klägerin teilte dazu mit, sie habe nichts tun können, denn der Meister habe ihr gesagt, sie brauche nicht mehr zu kommen. Nach ordnungsgemäßer Anhörung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.1984 eine Sperrzeit vom 5.10. bis zum 29.11.1983 fest, hob für diese Zelt die Arbeitslosengeldbewilligung vom 20.10.1983 auf und forderte den überzahlten Betrag von 1.329,60 DM zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und trug vor, sie habe in der Druckerei bereits am ersten Arbeitstag starke Kopfschmerzen bekommen. Sie nehme an, daß diese von einer chronischen Bindehautentzündung herrührten, zumal sie auch leichte Sehstörungen bekommen habe. Da der Meister ihr gesagt habe, es seien keine anderen Arbeitsplätze frei, sie müsse deshalb vorerst zumindest einige Wochen in der Druckerei arbeiten, sei sie am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit erschienen. Die Beklagte beauftragte den Medizinaldirektor aD Dr. W. damit, die Klägerin zu untersuchen. Er fand keinen krankhaften Befund, Insbesondere keine Bindehautreizung und teilte der Beklagten in einem Kürzgutachten mit, die Arbeitsaufgabe sei nicht zu rechtfertigen, zumal die Klägerin damals keinen Arzt aufgesucht habe und damit nicht überprüft werden könne, ob überhaupt ein krankhafter Befund vorgelegen habe. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.2.1985 wies die Beklagte den rechtzeitig erhobenen Widerspruch zurück: Die Klägerin habe grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, denn sie habe keinen wichtigen Grund gehabt, am 4.10.1983 fernzubleiben. Eine Ermessenausübung dahingehend, ob gemäß § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) der Bewilligungsbescheid aufzuheben sei, enthält der Widerspruchsbescheid ebensowenig wie der zugrunde liegende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht hat die Klägerin angegeben, etwa zwei bis drei Wochen vor der Arbeitsaufnahme sei sie wegen einer damals bestehenden chronischen Bindehautentzündung bei der Augenärztin Dr. K. gewesen. Diese hat jedoch dem Gericht mitgeteilt, die Klägerin erstmals am 15.3.1985 behandelt zu haben. Die Firma M.-P. hat angegeben, der von der Klägerin als Zeuge benannte Betriebsleiter D. könne sich nach drei Jahren nicht mehr an die Klägerin erinnern. Im Oktober 1983 seien wegen des Weihnachtsgeschäftes 68 Personen neu eingestellt worden.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 15.11.1984 durch einen neuen Bescheid vom 27.10.1986 ersetzt. In ihm stellt sie wiederum fest, vom 5.10. bis zum 29.11.1983 sei eine Sperrzeit eingetreten. Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund dafür gehabt, der Arbeit bereits am 2. Tag unentschuldigt fernzubleiben. Wegen des Sperrzeittatbestands werde die Leistungsbewilligung für die Zelt vom 5.10. bis zum 29.11.1983 gemäß § 45 SGB X zurückgenommen und der Betrag von 1.329,60 DM nach § 50 SGB X zurückverlangt. Die Entscheidung ergehe im Rahmen eines pflichtgemäßen Ermessens. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin bei der persönlichen Abgabe der Antragsunterlagen beim Arbeitsamt am 17.10.1983 Ihre vorübergehende Tätigkeit verschwiegen habe. Dies stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen Ihre Mitwirkungspflichten dar. Das spreche dafür, ihr im Falle der selbstverschuldeten Arbeitslosigkeit zumindest teilweise die Leistungen zu versagen. Da die Klägerin bereits wieder in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, als die Sperrzeit festgestellt worden sei, habe diese sie nicht finanziell besonders hart getroffen, so daß auch Insoweit keine Bedenken gegen eine nachträgliche ...