Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen. selbständiger Arzt. Zwangsmitgliedschaft in der Ärzteversorgung. Berechtigung zur freiwilligen Versicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. fehlender Befreiungsbescheid nach § 6 Abs 3 SGB 6

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch auf Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen, wenn die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung nach § 7 Abs 2 S 1 SGB 6 mangels Vorliegens eines Befreiungsbescheides nach § 6 Abs 3 SGB 6 formell noch nicht geklärt ist, der Betroffene aber aufgrund seiner Tätigkeit als selbständiger Arzt und Zwangsmitgliedschaft in der Ärzteversorgung die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 offensichtlich erfüllt und ihm das Recht zur freiwilligen Versicherung wegen Nichterfüllung der Wartezeit unstreitig nicht zusteht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.07.2012; Aktenzeichen B 13 R 26/10 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

Der im Jahr 1955 geborene Kläger hat nach Abschluss der Schulausbildung seit dem Jahr 1974 bis Oktober 1994 Wehrdienst geleistet und während dieser Zeit sein Medizinstudium abgelegt. Nach Beendigung des Wehrdienstes ist der Kläger seit Oktober 1994 als HNO-Arzt mit eigener Praxis berufstätig. Ab dem Zeitpunkt der Aufnahme seiner Tätigkeit als Sanitätsoffizier und Arzt bei der Bundeswehr ist der Kläger seit 02.06.1991 Mitglied der Bayerischen Ärzteversorgung, an die er seitdem Pflichtbeiträge entrichtet. Während der Zeit des Wehrdienstes wurden auf Grund von Tätigkeiten des Klägers an einem Mainzer Krankenhaus für Nachtschicht für die Zeiten vom 01.03.1987 bis 31.05.1989 Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte entrichtet.

Im Februar 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung dieser Beiträge. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2007 ab, da beim Kläger ein Recht zur freiwilligen Versicherung bei der Deutschen Rentenversicherung bestehe. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2007 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Beitragserstattung sei nicht möglich. Der Kläger sei zwar als selbstständiger Arzt nicht versicherungspflichtig, ihm stehe jedoch das Recht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Denn nach § 7 Abs. 1 SGB VI könnten sich Personen, die nicht versicherungspflichtig seien, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahrs an freiwillig versichern.

Im hiergegen durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Koblenz mit Urteil vom 24.09.2008 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die an die Beklagte gezahlten Beiträge zu erstatten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile an den für die Zeit vom 01.03.1987 bis 31.05.1989 entrichteten Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr und der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Arzt sei der Kläger, wie unstreitig sei, nicht versicherungspflichtig tätig. Ihm stehe daher ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Rentenversicherung zu (§ 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI), da für ihn auch nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung bestehe. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI könnten sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI könnten sich versicherungsfreie oder von der Versicherungspflicht befreite Personen aber nur dann freiwillig versichern, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Das Erfordernis der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit als Voraussetzung für den Zugang zur freiwilligen Versicherung gelte nicht nur für die nach § 5 Abs. 6 oder § 6 Abs. 6 SGB VI versicherungsfreien oder befreiten Personen, sondern kraft übergangsrechtlicher Sonderregelungen (§§ 230 f. SGB VI) für von der Versicherungspflicht freigestellte Personen. Der Kläger sei auf Grund seiner Mitgliedschaft in der Bayerischen Ärzteversorgung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI befreit. Er habe zudem lediglich für 27 Monate auf Grund der Nachtschichten Beiträge erbracht und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt.

Am 27.10.2008 hat die Beklagte gegen das ihr am 08.10.2008 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt vor, das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger von der Versicherungspflicht befreit sei und damit zu den in § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI aufgeführten versicherungsfreien und von der Versicherungspflicht befreiten Personen gehöre. Voraussetzung für den Ausschluss der Versicherungsberechtigung dieser Personen sei aber, dass sie eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben, in der sie un...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge