Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kindererziehung in Polen bei einem Elternteil, der nicht nach dem FRG berechtigt ist
Orientierungssatz
Art 2 Abs 2 S 2 RV/UVAbkPOLG ist nicht außerhalb des Kreises der Berechtigten nach § 1 FRG auf Zeiten der Kindererziehung in Polen anzuwenden, die als Kindererziehungszeiten anzuerkennen wären, wenn sie in Deutschland zurückgelegt worden wären, sie nach polnischem Recht aber wegen einer zeitgleich ausgeübten Beschäftigung ausschließlich als Beschäftigungszeit berücksichtigt werden.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.02.2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von ausländischen Kindererziehungszeiten für die Tochter C der Klägerin in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei steht die Frage nach der Anwendung von Art. 2 Abs. 2 S. 2 des Zustimmungsgesetzes 1998 zum Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommens von 1975 (DPSVA 1975) Zeiten der Kindererziehung in Polen betreffend im Vordergrund.
Die am in Polen geborene Klägerin hat dort nach Durchlaufen der Schule ein Hochschulstudium absolviert und am 22.01.1972 als Zahnärztin abgeschlossen. Sie hat in Polen zwei Kinder erzogen: Die Tochter C wurde am , die Tochter E am geboren. Es bestanden abwechselnd Zeiten der Kindererziehung und der Beschäftigung als angestellte Zahnärztin im polnischen Gesundheitswesen sowie in der Zeit von Oktober 1978 bis Oktober 1983 als selbständige Zahnärztin. Für alle Beschäftigungszeiten wurden Beiträge zur polnischen gesetzlichen Rentenversicherung (ZUS) gezahlt. Acht Monate nach der Geburt des Kindes C nahm die Klägerin am 01.08.1972 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Zahnärztin bis zum 14.01.1974 auf. Vom 15.01.1974 bis zum 01.03.1975 sowie vom 30.05.1980 bis zum 29.05.1983 nahm sie unbezahlten Urlaub zur Kindererziehung.
Am 25.10.1983 zog die Klägerin unter Aufgabe ihres polnischen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland zu und hat seitdem durchgehend ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern. Hier war sie von 1990 bis 2011 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Eine Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin im Sinne des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz BVFG) liegt nicht vor. Die Klägerin erwarb 1995 die deutsche Staatsangehörigkeit.
Auf ihren Antrag vom 19.07.2011 wurde der Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 23.08.2011 ab dem 01.10.2011 eine Regelaltersrente nach dem SGB VI in Höhe von 576,91 Euro (Bruttozahlbetrag) bewilligt. Dabei wurden Pflichtbeitragszeiten der Kindererziehung für die Zeit vom 01.01.1972 bis zum 31.07.1972 für das Kind C und die Zeit vom 30.05.1980 bis zum 31.12.1980 für das Kind E zu Grunde gelegt.
Mit Bescheid vom 09.08.2014 wurde die Regelaltersrente der Klägerin neu berechnet. Sie erhielt einen Zuschlag für Kindererziehung (sog. Mütterrente). Den persönlichen Entgeltpunkten der Klägerin in Höhe von 21,0013 wurde ein Zuschlag von 1,0000 an Entgeltpunkten für Kindererziehung für das Kind E hinzugefügt, da dieses vor dem 01.01.1992 geboren und im 12. Kalendermonat nach Ablauf des Geburtsmonats eine Kindererziehungszeit angerechnet worden war.
Hiergegen erhob die Klägerin am 04.09.2014 Widerspruch. Sie machte geltend, dass ihr der Zuschlag für beide Kinder, mithin auch für ihre Tochter C , zustehe.
Am 17.11.2014 stellte die Klägerin im Hinblick auf den Rentenbescheid vom 23.08.2011 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Sie beantragte, den Rentenbescheid vom 23.08.2011 insoweit zurückzunehmen, als bei der Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland Pflichtbeitragszeiten vom 01.08.1972 bis zum 31.01.1973 für das Kind C nicht berücksichtigt worden seien, und einen neuen Regelaltersrentenbescheid unter Berücksichtigung dieser Zeiten zu erlassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2015 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.08.2014 mit folgender Begründung zurückgewiesen: Da die Klägerin keine anerkannte Vertriebene oder Spätaussiedlerin im Sinne des BVFG sei, hätten nur die nach dem Deutsch-Polnischen-Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) anrechenbaren Zeiten angerechnet werden. Hierbei handele es sich um die Zeiten, die nicht mit einer Beschäftigung zeitlich zusammenfielen. Da die Klägerin am 01.08.1972 ihre Tätigkeit als Zahnärztin aufgenommen habe, sei die Kindererziehungszeit für das Kind C auf den 31.07.1972 zu begrenzen gewesen. Da für C im zwölften Monat nach der Geburt, d.h. im Dezember 19 , keine Kindererziehungszeit habe angerechnet werden können, sei ein Zuschlag nach § 307d SGB VI nicht in Betracht gekommen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem...