nicht-rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob aus mehr als einjähriger Arbeitslosigkeit sowohl im Kernbereich eines Lehrberufs (Verweisungsbereich im engeren Sinne) als auch im weiten Verweisungsbereich bis zu herausgehobenen ungelernten Arbeiten mit besonderen Qualitätsmerkmalen auf Berufsunfähigkeit eines Facharbeiters geschlossen werden kann, der aus Gesundheitsgründen seine manuellen Fähigkeiten im erlernten Beruf nur noch beschränkt auf Teilzeitarbeiten von untervollschichtig bis abwärts zu 0 Stunden anzubieten vermag (Folgerungen aus den Beschlüssen des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 10. Dezember 1976 – GS 2/75, 3/75, 4/75 und 3/76 – zulässig?).
Normenkette
RVO § 1246 Abs. 2, § 1247 Abs. 2
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 26.03.1976; Aktenzeichen S 11 J 310/75) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26. März 1976 wird zurückgewiesen.
2. Auch im Berufungsverfahren haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ab August 1974 Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat.
Der 1935 geborene Kläger ist gelernter Metzger und als solcher seit Beginn seiner Lehrzeit im Oktober 1949 beschäftigt gewesen, zuletzt von Oktober 1972 bis zu einem Verkehrsunfall am 13. September 1973 bei der Metzgerei C. in K. Die dortige Innungskrankenkasse zahlte ihm bis 14. März 1975 Krankengeld. Ab 15. März 1975 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Seinen Antrag auf sogenannte Anschlußarbeitslosenhilfe lehnte das Arbeitsamt Kaiserslautern durch Bescheid vom 13. April 1976 mit der Begründung ab, daß er sich entgegen einem vorliegenden arbeitsamtsärztlichen Gutachten lediglich für eine Arbeitszeit von vier Stunden täglich zur Verfügung stelle. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung angibt, keinen Widerspruch erhoben. Seit Juli 1976 arbeitet er je nach schmerzhafter Ermüdung seines linken Armes bis maximal vier Stunden an drei Tagen wöchentlich in der Lohnschlächterei des Schlachthofes K., wo er mit dem Reinigen von Därmen beschäftigt wird.
Am 25. Juli 1974 hatte der Kläger beantragt, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Dazu nahm Professor Dr. G. S., Chefarzt des N. Landeskrankenhauses in M., in seinem Gutachten vom 5. Dezember 1974 folgendermaßen Stellung: Der Patient klage hauptsächlich über Schmerzen im linken Schulter- und Armbereich. Zugleich werde eine den Segmenten C 5 bis C 7 entsprechende Herabsetzung des Schmerz- und Berührungsempfindens auf der linken Seite angegeben. Letztere sei mit einer röntgenologisch sichtbaren Verletzung des 5. Halswirbelkörpers zu erklären (leichte Höhenminderung dieses Halswirbelkörpers mit wahrscheinlich traumatischer Absprengung der vorderen oberen Wirbelkörperkante). Die durchgehende linksseitige Extremitätenreflexsteigerung – linksseitig betonte Armeigenreflexe – müsse auf einen im Rahmen des Halswirbelsäulentraumas erlittenen, höhergelegenen Contusionsherd des Halsmarks bezogen werden. Verglichen mit der rechten Seite bestehe eine diffuse Verschmächtigung der linksseitigen Armmuskulatur mit einer maximalen Umfangsdifferenz von 3 cm am Oberarm und 2 cm am Unterarm. Bei der Kraftprüfung falle eine diffuse, distal betonte (mit der Entfernung vom Rumpf zunehmende) Schwäche des linken Armes auf, am stärksten und deutlichsten bei den am Faustschluß beteiligten Muskeln. Gegenwärtig seien ihm nur Tätigkeiten zumutbar, die sich mit der erheblichen Kraftminderung des linken Armes und der linken Hand vereinbaren ließen. Hingegen könne er einen Beruf, welcher den vollen Krafteinsatz beider Arne erfordere, namentlich den Metzgerberuf, nicht voll ausüben (nur halb- bis untervollschichtig). Aber er sollte aufgefordert werden, sich in absehbarer Zeit erneut einer stationärem Behandlung zu unterziehen. Denn die Möglichkeit, daß dadurch die Kraft einbüßen am linken Arm gebessert werden können, sei nach dem derzeitigen Befund nicht auszuschließen. Durch Bescheid vom 3. Januar 1975 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ohne Begründung ab. Seinen am 24. des gleichen Monats eingegangenen Widerspruch wies die Widerspruchstelle der Beklagten durch Bescheid vom 14. April 1975 mit dem Hinweis zurück, daß bei der Prüfung der Verweisbarkeit nicht nur auf den erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf abzustellen sei, sondern alle Tätigkeiten in Frage kämen, die ein Versicherter aufgrund seiner erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausüben könne.
Gegen diese Bescheide – letzterer zugestellt am 16. April – hat der Kläger mit seiner am 16. Mai 1975 bei der Beklagten eingegangenen und im nächsten Monat an das Sozialgericht Speyer weitergeleiteten Klage vorgebracht: Er sei berufsunfähig, weil er als Metzger nicht mehr arbeiten und andere als in seinem erlernten Beruf erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nachweisen könne. Nach höchstrichterlicher Rech...