Entscheidungsstichwort (Thema)
Ärztliche Anordnung eines Krankentransportes
Leitsatz (amtlich)
Die Krankenkasse muß die Kosten des Krankentransports in das Heimatkrankenhaus des Versicherten ohne Rücksicht auf die objektive Erforderlichkeit tragen, wenn ein Arzt des in Anspruch genommenen nächsterreichbaren geeigneten Vertragskrankenhauses diesen Transport aus medizinischen Gründen als notwendig angeordnet hat.
Orientierungssatz
Ob der Arzt seine Befugnisse ggf überschritten hat oder nicht, ist eine Frage des Kassenarztrechts, nicht dagegen des hier ausschließlich anwendbaren Krankenversicherungsrechts, das sich auf das Rechtsverhältnis zwischen Krankenkassen und Versicherten beschränkt.
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 11.07.1979; Aktenzeichen S 9 K 79/78) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers werden daß Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 11. Juli 1979 und der Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 1978 auf gehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des von dem Chefarzt Dr. M.-K. am 25. Februar 1978 angeordneten Krankentransports des Klägers zu tragen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten eines Krankentransports des Klägers zu übernehmen hat oder nicht.
Der Kläger ist bei der Beklagten pflichtversichert. Bei einem Skiunfall am 25. Februar 1978 während eines Urlaubs brach er sich das rechte Bein. Nach notdürftiger ambulanter Versorgung in der Chirurgischen Abteilung des nächstgelegenen Kreiskrankenhauses B./Baden wurde er auf Veranlassung des Chefarztes Dr. M.-K. in einem Krankenwagen in das Städtische Krankenhaus H. in N., seinem Wohnort, gefahren und dort stationär behandelt. Chefarzt. Dr. Mt. K. hatte auf einem Formblatt „Ärztliche Anordnung eines Krankentransports” verfügt, daß der Transport am 25. Februar 1978 aus medizinischen Gründen liegend in einem Krankenwagen erforderlich sei. Auf Antragen der Beklagten erklärten Chefarzt Dr. M.-K. und Oberarzt Dr. T. (Schreiben vom 24. April und 16. Juni 1978), es habe an sich kein Grund zur Verlegung des Klägers bestanden, weil sie selbst in der Lage seien, derartige Verletzungen zu versorgen, der Kläger und seine Mutter hätten aber ausdrücklich die Behandlung im Heimatkrankenhaus in N. gewünscht. Deshalb lehnte die Beklagte die Übernehme der Transportkosten von 1.143,60 DM durch Bescheid vom 12. Mai 1978 und Widerspruchsbescheid vom 29. August 1978 ab.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Er selbst oder seine Angehörigen hätten die Verlegung nach N. nicht ausdrücklich gewünscht. Die behandelnden Ärzte in B. hätten erklärt, es sei besser, er werde ins Heimatkrankenhaus verlegt. Nachdem von seinen Angehörigen das Krankenhaus in N. als Heimatkrankenhaus genannt worden sei, habe der Chefarzt ohne weiteres seine Verlegung nach dort verfügt, Das könnten seine Mutter E. B. sowie sein Bruder Gü. und dessen Ehefrau Ar. B. bezeugen.
Durch Urteil vom 11. Juli 1979 hat das Sozialgericht Speyer die Klage abgewiesen. Die Überführung des Klägers nach N. sei nicht aus objektiven medizinischen Gründen erforderlich gewesen. Deshalb müsse die Beklagte nicht für die Transportkosten aufkommen. Wer den Transport veranlaßt habe, sei unbeachtlich, da nach der gesetzlichen Regelung über Krankentransport- bzw. Reisekosten in § 194 Reichsversicherungsordnung (RVO) lediglich auf die objektive Erforderlichkeit abzustellen sei (BSG, Urteil vom 28. März 1979 – 3 RK 92/77 –).
Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Gegen das am 30. Juli 1979 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. August 1979 die Berufung eingelegt.
Er trägt ergänzend vor: Das Urteil des Sozialgerichts gehe von einer Prüfungspflicht des Patienten über die Erforderlichkeit ärztlicher Anordnungen aus. Eine solche Prüfungspflicht sei jedoch unzumutbar. Hier habe der Arzt die Erforderlichkeit des Krankentransporte bescheinigt und ihn auch angeordnet. Das allein sei maßgebend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 11. Juli 1979 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Krankentransportkosten von 1.143,60 DM zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichte für zutreffend und betont, die erforderliche Krankenhauspflege habe sie im Kreiskrankenhaus B. gewähren können, so daß sie die Kosten des Transports in das Heimatkrankenhaus nicht zu tragen habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch begründet.
Die Beklagte ist aufgrund der ärztlichen Anordnung des Krankentransports vom 25. Februar 1978 verpflichtet, die entstandenen Kosten zu tragen. Es ist zw...