Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Wirksamkeit von Abtretungsbeschränkungen und -ausschlüssen in Abrechnungsordnungen Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen. Aufrechnungsverbot. unpfändbare Forderung. Feststellung der Finanzverwaltung nicht ausreichend
Orientierungssatz
1. Zur Wirksamkeit von Abtretungsbeschränkungen und -ausschlüssen in Abrechnungsordnungen Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen.
2. Ein Aufrechnungsverbot besteht nicht aufgrund einer von der Finanzverwaltung zugunsten des Betroffenen festgestellte Unpfändbarkeit eines bestimmten Betrages, da diese Feststellung einem Beschluss des Vollstreckungsgerichts nach § 394 S 1 BGB iVm § 850i ZPO nicht gleichgestellt ist.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29.11.2017 wird zurückgewiesen. Die im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Berufungsverfahren weiteres zahnärztliches Honorar in Höhe von 26.460,14 €; außerdem begehrt der Kläger Feststellung zur erfolgten Auszahlung von Honorar.
Der Kläger nimmt als Zahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten teil. Mit schriftlicher Abtretungserklärung vom 15.12.1992 trat er bestehende und künftige Honorarforderungen an seine geschiedene Ehefrau U S ab. Ferner lagen der Beklagten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse verschiedener Gläubiger aus der Zeit seit 1994 vor. Mit Beschluss vom 12.09.2008 - 14 IN 71/08 - eröffnete das Amtsgericht Montabaur das Insolvenz- verfahren über das Vermögen des Klägers und bestellte Rechtsanwalt Dr. K , dessen Rechtsnachfolger der Beigeladene zu 1 ist (im Folgenden einheitlich: Bei- geladener zu 1) zum Insolvenzverwalter. Am 22.09.2008 trat U S die Honoraransprüche des Klägers an dessen Vater H S , den Beigeladenen zu 2, ab. Der Beigeladene zu 1 erklärte mit Schreiben vom 30.09.2008 gegenüber dem Kläger, das Vermögen aus seiner selbstständigen Tätigkeit als Zahnarzt gehöre nicht mehr zur Insolvenzmasse; Ansprüche aus dieser Tätigkeit könnten nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden (§ 35 Abs 2 Satz 1 Insolvenzordnung - InsO). Mit Telefax vom 02.10.2008 unterrichtete der Kläger die Beklagte hier- über und bat diese, Zahlungen künftig an ihn zu leisten. Am 08.12.2008 führte das Amtsgericht Montabaur eine Gläubigerversammlung durch, in der beschlossen wurde, dass der Betrieb vorläufig durch den Beigeladenen zu 1 fortgeführt werde. Über diesen Beschluss setzte der Beigeladene zu 1 die Beklagte in Kenntnis und bat darum, künftig Zahlungen ausschließlich an ihn zu leisten. Unter Bezugnahme auf den Beschluss der Gläubigerversammlung erklärte das Amtsgericht Montabaur mit Beschluss vom 13.02.2009, dem Kläger am 14.02.2009 zugestellt, die Freigabeerklärung des Beigeladenen zu 1 gemäß § 35 Abs 2 Satz 3 InsO bis zum Ablauf des 30.03.2009 für unwirksam. Für die Zeit ab dem 01.04.2009 erfolgte wiederum die Freigabe des Vermögens des Klägers aus seiner selbstständigen zahnärztlichen Tätigkeit. In der Annahme der Unwirksamkeit der Abtretung vom 22.09.2008 an den Beigeladenen zu 2 trat U S die Honoraransprüche des Klägers gegen die Beklagte am 25.08.2009 an den Kläger ab, der am 22.06.2011 alle Honorarforderungen an den Beigeladenen zu 2 abtrat.
Die Beklagte leistete für die zahnärztliche Tätigkeit des Klägers nach ihren Angaben Zahlungen an den Beigeladenen zu 1 wie folgt:
Am 24.11.2008 1. Abschlag IV/08 in Höhe von 5.817,81 €, am 22.12.2008 2. Abschlag IV/08 in Höhe von 6.641,67 €,
am 15.01.2009 Restzahlung für 3/08 in Höhe von 53.570,88 €, am 26.01.2009 3. Abschlag IV/08 in Höhe von 3.518,25 €,
am 23.03.2009 Vorauszahlung für Januar 2009 in Höhe von 7.724,72 €, am 23.03.2009 Vorauszahlung für Februar 2009 in Höhe von 3.810,34 €, am 06.04.2009 Restzahlung für IV/08 in Höhe von 24.623,65 €.
Auf eine vom Kläger am 04.06.2009 zum Sozialgericht Mainz (SG) erhobene Klage (Az. S 2 KA 72/11) wegen zahnärztlichen Honorars für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 31.03.2009 in Höhe von 50.699,88 € hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz im Berufungsverfahren die Beklagte durch Urteil vom 20.12.2012 (L 7 KA 51/11) verurteilt, das Honorar in der eingeklagten Höhe aus- zuzahlen, und hat klargestellt, dass der Betrag in Höhe von 50.699,88 € die erste und zweite Abschlagszahlung für das Quartal IV/08 sowie in Höhe von 38.240,40 € das Honorar für das Quartal III/08 umfasse. Die Revision des Beigeladenen zu 1 gegen dieses Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 10.12.2014 (B 6 KA 45/13 R) zurückgewiesen.
Mit seiner Klage im vorliegenden Rechtsstreit vom 09.04.2011 hat der Kläger zunächst begehrt, die Beklagte zur Auszahlung auch des weiteren an den Beigeladenen zu 1 geflossenen Honorars „in Höhe von verbleibenden 51.397,10 ...