Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den Sozialhilfeträger nach Feststellung von Erwerbsunfähigkeit durch die gemeinsame Einigungsstelle. Umfang des Erstattungsanspruchs. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
Orientierungssatz
Der Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den Sozialhilfeträger nach § 44a Abs 2 S 1 SGB 2 aF umfasst auch die für den Leistungsberechtigten im Erstattungszeitraum gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.02.2012 - S 12 SO 162/10 - abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 873,53 € zu zahlen. Die darüber hinausgehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob der von dem Kläger gegen den Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch die für die Leistungsberechtigte Frau A S in der Zeit vom 01.04.2006 bis zum 31.01.2007 von dem Kläger gezahlten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 878,53 € erfasst.
Das Amtsgericht Koblenz bestellte mit Beschluss vom 15.02.2006 für die 1971 geborene A S (nachfolgend die Leistungsberechtigte) aufgrund ihrer Erkrankung bzw. Behinderung (schizophrene Psychose) eine Betreuerin. Die der Betreuerin zugewiesenen Aufgabenkreise umfassen die Gesundheitsfürsorge, die Vermögenssorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht einschließlich Unterbringung und Zwangsmedikation, Wohnungsangelegenheiten und Postangelegenheiten. Die Leistungsberechtigte hatte sich vom 21.09.2005 bis zum 27.03.2006 in der R -Fachklinik in stationärer Behandlung befunden. Sie war wegen fehlender Krankheitseinsicht und Verweigerung der Medikation entlassen worden.
Die Leistungsberechtigte beantragte am 28.03.2006 bei der ARGE der Stadt Koblenz, deren Rechtsnachfolger der Kläger ist (nachfolgend der Kläger), die Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende. Das Bestehen einer Betreuung hatte sie verneint.
Die Betreuerin hatte dann bis zur Klärung der Erwerbsfähigkeit der Leistungsberechtigen um vorläufige Gewährung von Leistungen gebeten. Mit Bescheid vom 03.04.2006 hatte der Kläger für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.04.2006 - unter Anrechnung eines Einkommens iHv 34,50 € - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 310,50 € bewilligt. Zusätzlich waren die Kosten des Städtischen Übernachtungsheims in der H.straße in K. übernommen worden.
Die Leistungsberechtigte war am 03.04.2006 durch den ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit untersucht worden. Die Untersuchung hatte ergeben, dass sie auf absehbare Zeit außerstande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Daraufhin hatte der Kläger den Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 28.03.2006 mit Bescheid vom 03.04.2006 ablehnend beschieden. Bei dem Beklagten hatte der Kläger am gleichen Tag einen Erstattungsanspruch angemeldet.
Die Leistungsberechtigte hatte dann am 13.04.2006 bei dem Kläger vorgesprochen, weil der Beklagte die Gewährung von Leistungen unter Hinweis auf das noch nicht vorliegende Gutachten abgelehnt hatte. Mit Bescheid vom 25.04.2006 hatte der Kläger hierauf der Leistungsberechtigten - unter Berücksichtigung eines Einkommens iHv 34,50 - für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 31.05.2006 erneut Leistungen iHv 310,50 € monatlich bewilligt sowie die Kosten für die Übernachtungseinrichtung übernommen.
Der Beklagte hatte nach Überreichung des vollständigen ärztlichen Gutachtens zur Frage der Erwerbsfähigkeit der Leistungsberechtigten die Absicht angezeigt, die Einigungsstelle anzurufen. Daraufhin hatte der Kläger der Leistungsberechtigten mit Bescheid vom 31.05.2006 für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.09.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewährt. Einschließlich der Kosten der Unterkunft waren der Leistungsberechtigten für den Monat April 847,20 € gewährt worden und ab dem Monat Mai - ohne Kosten der Unterkunft - 310,50 €. Dem Städtischen Übernachtungsheim war weiterhin die Berechtigung der Leistungsberechtigen angezeigt worden, zu Lasten des Klägers in der Einrichtung zu übernachten.
In der Folge sind mehrere Änderungsbescheide ergangen. Bei der Leistungsbewilligung waren die jeweiligen - unmittelbar an das Städtische Übernachtungsheim überwiesenen - Kosten berücksichtigt und entsprechend ausgewiesen worden. Nachdem die Leistungsberechtigte aufgrund ihrer aus ihrer Erkrankung resultierenden Probleme aufgefordert worden war, das Städtische Übernachtungsheim am 31.07.2006 zu verlassen, hatte sie eine Einzimmerwohnung (zu einem monatlichen ...