Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Erstattungsanspruchs des Krankenversicherungsträgers gegen den Unfallversicherungsträger bei Unfallverursachung durch eine arbeitnehmerähnliche Person
Leitsatz (redaktionell)
1. Der als Unternehmer seines Hausbaus tätige Versicherte hat keinen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen einen wie ein Arbeitnehmer tätigen Helfer.
2. Damit entfällt auch ein Erstattungsanspruch des Krankenversicherers des Unternehmers gegen den Unfallversicherungsträger des Helfers.
3. Die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung von Arbeitnehmern auf leichte Fahrlässigkeit gilt auch für Personen, die wegen arbeitnehmerähnlicher Tätigkeit unfallversichert sind.
Normenkette
SGB VII § 105 Abs. 2 Sätze 2, 1, Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 2, § 136 Abs. 1 S. 3; BGB § 823 Abs. 1, §§ 277, 254
Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 29.03.2001; Aktenzeichen S 1 U 221/00) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 29.03.2001 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung erbrachter Leistungen wegen eines Unfalls des Beigeladenen als unversicherter Unternehmer hat.
Der 1955 geborene V. N. (Beigeladener) baute 1999 unter Mithilfe von Verwandten und Bekannten ein Einfamilienhaus. Bei den Zimmereiarbeiten am Dach half ihm sein Freund, der Zeuge Mathias K. Für die Ausführungen dieser Arbeiten war um den gesamten Rohbau ein Gerüst gestellt worden. Bei Dachstuhlarbeiten am 2.3.1999 entfernte der Beigeladene zusammen mit dem Zeugen K. ein Schutzgitter an einem Gerüstfeld, um so die Dachsparren einfacher ins Dachgeschoss transportieren zu können. Als der Beigeladene auf dem Weg zum Holzlagerplatz an der Stelle des Gerüstes vorbeiging, an dem der Seitenschutz entfernt war, fiel vom zweiten Gerüstbelag, aus einer Höhe von ca. 2 Metern, ein Kantholz herab. Es traf ihn am Kopf. Der Zeuge K. befand sich zu diesem Zeitpunkt im Dachgeschoss. Das nach seinen Angaben nasse Holzstück war ihm aus den Händen gerutscht, als er es auf den Gerüstbelag legen wollte. Ein von ihm ausgestoßener Warnruf kam zu spät. Der Beigeladene erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma mit epiduralem Hämatom rechts und links bei Schädelfraktur, ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie eine brachiofacialbetonte sensomotorische Halbseitenstörung links. Er wurde zunächst vom 02.03.1999 bis 18.03.1999 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. und danach in der Fachklinik A. sowie der neurologischen Rehabilitationsklinik Bad C. bis zum 04.05.1999 stationär behandelt.
Seitens des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten wurde in einem Unfalluntersuchungsbericht festgestellt, dass durch die Entfernung des Schutzgitters an einem Gerüstfeld gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen worden sei. Aufgrund dieses Verstoßes habe das Holzstück herunter fallen können. Der Beigeladene trage daher für den Unfall selbst die Verantwortung. Den Zeugen K. treffe eine Mitverantwortung, jedoch keine Fahrlässigkeit.
Durch Bescheid vom 10.05.1999 lehnte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Zum Unfallzeitpunkt habe kein Versicherungsschutz bestanden. Bei seiner Tätigkeit als Unternehmer nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten sei er weder kraft Gesetzes noch kraft Satzung versichert gewesen. Ein Antrag auf eine freiwillige Versicherung sei nicht gestellt worden.
Mit einem am 17.03.1999 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch an. Sie verwies auf einen Versicherungsschutz des Beigeladenen als unversicherter Unternehmer nach § 105 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Siebtes Buch – (SGB VII). Die Beklagte begehrte ihrerseits die Rückerstattung bereits übernommener Leistungen. Sie vertrat die Auffassung, dass ausgehend von einer leichten Fahrlässigkeit des Zeugen K. dessen zivilrechtliche Haftung nach den Grundsätzen der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen sei.
Nach weiteren telefonischen Befragungen des Zeugen K. und des Beigeladenen zum Unfallhergang (53 und 52 VA AOK) hat die Klägerin am 07.06.2000 beim Sozialgericht Speyer eine Erstattungsforderung in Höhe von 46.160,73 DM gerichtlich geltend gemacht.
Das Sozialgericht hat den Verletzten V. N. beigeladen und schriftlich zum Unfallhergang befragt.
Es hat die Klage durch Urteil vom 29.03.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, da der Beigeladene weder kraft Gesetzes noch freiwillig versichert gewesen sei, komme für ihn als nicht versicherten Unternehmer nur ein Anspruch nach § 105 Abs. 2 S 2 SGB VII in Betracht. Auch ein solcher Anspruch sei vorliegend jedoch nicht gegeben, da eine Ersatzpflicht des Schädigers vorliegend zivilrechtlich ausgeschlossen sei. Dem Zeugen K. sei nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Doch selbst wenn man von einer mittleren Fahrlässigkeit ausgeh...