Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. zweckbestimmte Einnahmen. Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen. Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersversorgung nach Gehaltsumwandlung
Leitsatz (amtlich)
Die nach einer Gehaltsumwandlung durch den Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse geleisteten Zahlungen sind zweckbestimmte Einkünfte iSd § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a SGB II und daher nicht bei der Einkommensberechnung zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
1. Bei dem Arbeitgeberanteil an den vermögenswirksamen Leistungen handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2, die nicht als Einkommen nach § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 berücksichtigt werden kann.
2. Auch der Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersversorgung nach Gehaltsumwandlung - hier an eine Pensionskasse - stellt gem § 11 Abs 1 S 1, Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 eine zweckbestimmte Einnahme und somit kein zu berücksichtigendes Einkommen dar.
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 17.10.2007 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 09.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2006 geändert und die Beklagte verurteilt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Monat April 2006 in Höhe von jeweils 54,00 € pro Person, in den Monaten Mai 2006 und Juli bis Oktober 2006 in Höhe von jeweils 28,00 € monatlich pro Person, im Monat Juni 2006 in Höhe von 124,00 € pro Person, im Januar 2007 in Höhe von jeweils 1,00 € pro Person und im März 2007 in Höhe von 90,00 € für die Klägerin zu 1) und in Höhe von 81,00 € für den Kläger zu 2) zu gewähren. Weiterhin wird die Beklagte verpflichtet dem Kläger zu 2) in den Monaten April 2006 bis Oktober 2006 sowie Januar 2007 und März 2007 jeweils einen Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 160,00 €, unter Abzug des tatsächlich gezahlten Zuschusses zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen je zu 2/3.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.04.2007 haben.
Die 1972 geborene Klägerin zu 1) und der 1973 geborene Kläger zu 2) lebten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und sind mittlerweile seit dem 02.03.2007 verheiratet. Am 23.07.2007 wurde ihr gemeinsames Kind geboren. Laut Mutterpass befand sich die Klägerin zu 1) am 02.01.2007 in der 12. Schwangerschaftswoche. Der Kläger zu 2) ist türkischer Staatsangehöriger und verfügt über eine Aufenthaltsgenehmigung. Seit Februar 2005 bewohnen die Kläger gemeinsam eine Sieben-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 72 m² unter der Adresse … in …. Die Miete beträgt 285,00 € monatlich. Hierin sind fast alle Nebenkosten als Pauschale enthalten, mit Ausnahme der Müllabfuhr, der Heizung und der Stromversorgung. Die Beheizung der Wohnung einschließlich der Warmwasseraufbereitung erfolgt über Gas. Hierauf wurden im Jahr 2005 an die Stadtwerke N. G. - SWN - ein Abschlag in Höhe von 54,00 € und neun Abschläge in Höhe von 64,00 € (insgesamt 630,00 €) entrichtet, zuletzt am 22.03.2006. Am 19.04.2006 war für Strom und Gas ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 220,91 € fällig, von dem 126,83 € auf die Gaslieferung entfielen. Im Anschluss waren entsprechend dem Gebührenbescheid der SWN vom 05.04.2006 für Gas ursprünglich vom 22.05.2006 bis zum 22.03.2007 elf Abschläge zu jeweils 75,00 € zu entrichten. Bereits am 16.01.2007 erstellte die SWN jedoch eine erneute Jahresrechnung, diesmal für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis zum 29.11.2006 und forderte für die Gaslieferung für die Zeit vom 22.02.2007 bis zum 27.12.2007 elf Abschläge in Höhe von 74,00 €. Die Abrechnung ergab im Übrigen ein Guthaben von 193,20 € unter Berücksichtigung von acht Abschlägen à 151,00 € für Strom und Gas (76,00 € für Strom und 75,00 € für Gas) in der Zeit vom 22.05.2006 bis zum 22.12.2006. Für die Abfallentsorgung war im Jahr 2006 einmalig ein Betrag von 192,00 €, der am 30.06.2006 fällig war, zu entrichten.
Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin eines O. V., der auf ihre Mutter, Frau D. S., wohnhaft in … L., zugelassen ist. Der Tag der Erstzulassung war der … 1995. Die Beiträge zur Kfz-Versicherung beliefen sich vierteljährlich im Jahr 2006 auf 128,67 € und ab dem 01.01.2007 auf 128,86 € vierteljährlich. Die Beiträge werden vom Konto der Klägerin zu 1) abgebucht. Das Gleiche gilt für die Kfz-Steuer, die sich im Jahr 2006 auf 272,00 € und im Jahr 2007 auf 280,00 € belief.
Die Klägerin zu 1) ist seit dem 01.10.1992 bei dem Urologen Dr K., H. in … L., versicherungspflichtig beschäftigt. Im Dezember 2003 erhielt sie ein Brutto-Geha...