Verfahrensgang
SG Speyer (Urteil vom 19.01.1999; Aktenzeichen S 8 A 319/97) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 19.1.1999 wird zurückgewiesen
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin weiterhin einen Beitragszuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu leisten hat.
Die Beklagte bewilligte der am …. 1918 geborenen Klägerin das Altersruhegeld und einen Beitragszuschuss zu ihrer seit Dezember 1950 bestehenden privaten Krankenversicherung ab dem 1.2.1979 (Bescheid vom 13.6.1979).
Außerdem bewilligte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien der Klägerin eine Alterspension (Bescheid vom 14.10.1980).
Mit Schreiben vom 13.5.1996 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe aufgrund des Bezuges der Rente aus Österreich dort einen Anspruch auf gesetzlichen Krankenversicherungsschutz. Diese Möglichkeit sei durch das am 1.1.1994 in Kraft getretene Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) i.V.m. Art. 28 der EWG-VO 1408/71 eröffnet worden. Die Mitgliedschaft in der ausländischen Pflichtkrankenversicherung habe zur Folge, dass der Anspruch auf Gewährung eines Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen sei. Daher sei beabsichtigt, den Bescheid vom 13.6.1979 hinsichtlich der Bewilligung des Beitragszuschusses nach § 48 SGB X für die Zukunft aufzuheben.
Mit Bescheid vom 22.5.1996 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente der Klägerin ab 1.8.1996 neu und hob ab diesem Zeitpunkt den Bescheid vom 13.6.1979 über die Bewilligung des Beitragszuschusses auf.
Die Klägerin äußerte sich mit Schreiben vom 9.6.1996, sie wolle den österreichischen Krankenversicherungsschutz nicht beanspruchen. Sie widersprach dem Bescheid vom 22.5.1996. Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 9.12.1996 den Beitragszuschuss noch für den Monat September 1996 und wies den weitergehenden Widerspruch mit Bescheid vom 5.8.1997 zurück. Wegen der ab 1.10.1996 bei der Wiener Gebietskrankenkasse bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung stehe ihr über den September 1996 hinaus kein Beitragszuschuss mehr zu.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19.1.1999 die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Der Ausschlusstatbestand des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI greife nicht ein, weil er nur eine Pflichtkrankenversicherung bei einem Träger der deutschen Krankenversicherung im Sinne des SGB V erfasse. Da der Beitragszuschuss der Klägerin bereits 1979 bewilligt worden sei, unterliege dieser Anspruch dem Bestandsschutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Daher sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, der Klägerin die Beitragszuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu entziehen.
Gegen das ihr am 25.2.1999 zugestellte Urteil wendet sich die von der Beklagten am 18.3.1999 eingelegte Berufung. Die Pflichtkrankenversicherung in Österreich stelle einen Ausschlussgrund nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI für den Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung dar. Diese Vorschrift gelte im Rahmen der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nicht nur bei deutschen Pflichtkrankenversicherungen, sondern auch bei entsprechenden Pflichtversicherungen in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 19.1.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat eine Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien vom 4.8.1999 eingeholt, wonach die Krankenversicherungspflicht der Klägerin in Österreich durch eine private deutsche Krankenversicherung nicht ausgeschlossen und eine Befreiung der Klägerin von der österreichischen Krankenversicherung der Pensionisten nicht möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Es ist keine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse, die der Bewilligung des Beitragszuschusses zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung gemäß §§ 106 Abs. 1 Satz 1, 106 a Abs. 1 SGB VI zugrunde gelegen haben, eingetreten. Daher ist der Bescheid vom 22.5.1996, abgeändert durch Bescheid vom 9.12.1996, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.8.1997 rechtswidrig. Die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X sind nicht erfüllt.
Die Klägerin ist seit 1950 bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, freiwillig kranken- und pflegeversichert. Damit liegen die Voraussetzungen der §§ 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, § 106 a Abs. 1 SGB VI vor. Der Ausschlusstatbestand des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI kommt demgegenüber nicht zum Tragen. Nach dieser...