Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Witwenbeihilfe. Anrechnung von Zinseinkünften ab dem Zeitpunkt der Kapitalanlage. Aufhebungsbescheid
Orientierungssatz
1. Bei der Berechnung der nach § 48 BVG zu gewährenden Witwenbeihilfe sind Zinsen aus Kapitalanlagen erst ab dem Zeitpunkt der Anlage des Kapitals zu berücksichtigen.
2. Erzielt die Bezieherin von Witwenbeihilfe Zinsen aus Kapitalvermögen, die auf ihre Witwenrente anzurechnen sind, kann das Versorgungsamt den Bescheid über die Bewilligung der Witwenbeihilfe gemäß § 48 SGB 10 für den Zeitraum ab Anlage des Kapitals mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben oder abändern und die überzahlten Beträge zurückverlangen.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 23.09.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anrechnung von Zinseinkünften im Rahmen einer Rückforderung einer nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) gewährten Witwenbeihilfe wegen Anrechnung von Zinseinkünften.
Die Kläger sind die Erben und Rechtsnachfolger der ... 1928 geborenen und ... 2010 verstorbenen E... S... (Witwe).
Mit Bescheid vom 03.06.2003 gewährte der Beklagte der Witwe Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG, weil ihr kriegsbeschädigter Ehemann fünf Jahre lang Berufsschadensausgleich bezogen hatte.
Im Februar 2006 teilte die Witwe dem Beklagten mit, dass sie am 16.12.2005 ihr Hausgrundstück für 210.000,00 € ... zahlbar am 02.05.2006 - verkauft habe (notarieller Kaufvertrag des Notars P... S... vom 16.12.2005).
Des Weiteren teilte die Witwe mit, im April 2006 werde sie in ein Altersheim (V... S...) in B... N... -A... umziehen.
Die Versorgungsverwaltung prüfte daraufhin die Höhe der bei der Witwenrente anzurechnenden Zinseinkünfte.
Nachdem die Witwe diesbezüglich keine vollständigen Angaben machte, hob das Amt für soziale Angelegenheiten Koblenz mit Bescheid vom 03.08.2007 den Bewilligungsbescheid vom 03.06.2003 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit auf und forderte für die Zeit vom 01.05.2006 bis zum 31.10.2006 die Zuviel gezahlten Versorgungsbezüge in Höhe von 1.488,00 € gemäß § 50 SGB X zurück. Ab dem 01.11.2006 bestehe kein Anspruch auf Witwenbeihilfe mehr. Die Witwe habe mit Vertrag vom 16.12.2005 ihr Haus verkauft. Der Kaufpreis sei nach dem notariellen Kaufvertrag am 02.05.2006 zahlbar. Trotz mehrfacher Aufforderungen habe die Witwe keine Unterlagen über den Erhalt des Kaufpreises und der Verwendung des Kapitals vorgelegt. Lasse sich das Einkommen zahlenmäßig nicht mehr ermitteln, so sei es unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse gemäß § 33 Abs 3 BVG festzusetzen. Der Anspruch auf Witwenbeihilfe werde daher ab dem 01.05.2006 entzogen. Ab dem 01.11.2006 seien bereits keine Versorgungsbezüge mehr ausgezahlt worden. Die zuviel gezahlten Leistungen für die Monate Mai 2006 bis Oktober 2006 von jeweils 248,00 € (insgesamt 1.488,00 €) seien deshalb zu erstatten.
Im Widerspruchsverfahren machte die Witwe geltend, sie habe einen Betrag von 174.000,00 € am 19.05.2006 bei der Kreissparkasse A... eingezahlt. Aus diesem Sparkonto habe sie für das Jahr 2006 Zinsen in Höhe von 3.326,30 € erzielt.
Außerdem übersandte sie eine Zinsbescheinigung für das Jahr 2006. Diese enthält an Zinseinkünften einen Gesamtbetrag von 5.636,30 € einschließlich der Zinseinkünfte in Höhe von 3.326,30 €. Die Zinszahlungen erfolgten Ende Dezember 2006.
Mit weiterem Bescheid vom 10.03.2008 hob das Amt für soziale Angelegenheiten den Bescheid vom 03.06,2003 gemäß § 48 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit ab dem gesamten Kalenderjahr 2006 auf. In Abänderung der Entscheidung vom 03.08.2007 stehe der Witwe bereits ab dem 01.01.2006 für das gesamte Kalenderjahr 2006 auf Grund der tatsächlichen Einkommensverhältnisse keine Witwenbeihilfe nach § 48 BVG mehr zu. Die in der Zeit vom 01.01.2006 bis 30.04.2006 zuviel gezahlten Versorgungsleistungen in Höhe von insgesamt 992,00 € seien ebenfalls gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Insgesamt betrage die Überzahlung nunmehr 2.480,00 €. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gelte in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen sei, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Deshalb müssten die aus dem Verkauf des Hauses erzielten Einkünfte auf das gesamte Kalenderjahr 2006 angerechnet werden. Hieraus ergebe sich, dass im gesamten Kalenderjahr 2006 auf Grund der Höhe des Einkommens kein Anspruch auf Gewährung von Witwenbeihilfe bestanden habe.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 zurück. Die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden.
Im hiergegen durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Koblenz mit Urteil vom 23.09.2011 die angefochtenen Besch...