Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückhaltung der Gerichte bei Auslegung von Verträgen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. geschlossene Bimalleolarfraktur wird durch Fallpauschale 17.05 nicht erfasst

 

Orientierungssatz

1. Den Gerichten ist bei der Auslegung der zwischen den Krankenhäusern und Krankenkassen abgeschlossenen Verträge Zurückhaltung auferlegt. Grundsätzlich hat deshalb eine wortgetreue Auslegung zu erfolgen. Die Vertragsbestimmungen können nicht extensiv interpretiert werden und dürfen keiner Analogie in ausweitendem oder restriktivem Sinne unterworfen werden.

2. Bei der Fallpauschale 17.05 wird lediglich auf die ICD-Nr 824.2 verwiesen (geschlossene Fraktur des äußeren Knöchels), während die ICD-Nr 824.4 (geschlossene Bimalleolarfraktur) nicht genannt ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.12.2001; Aktenzeichen B 3 KR 1/01 R)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft einen Abrechnungsstreit zwischen einem Krankenhaus und einer Krankenkasse.

Der bei der Beklagten krankenversicherte 1944 geborene Versicherte R M wurde in der Zeit vom 28.11.1998 bis 23.12.1998 in der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Maria Hilf, dessen Trägergesellschaft die Klägerin ist, stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte wegen einer Luxationsfraktur des Innen- und Außenknöchels des rechten oberen Sprunggelenkes (bimalleoläre Sprunggelenksfraktur). Am Aufnahmetag wurde eine Osteosynthese des Außenknöchels mittels Drittelrohrplatte sowie die Versorgung der Innenknöchelfraktur mittels Verschraubung durchgeführt.

Mit Rechnung vom 06.01.1999 stellte die Klägerin der Beklagten die Pflegesätze für die Aufenthaltstage sowie das Sonderentgelt 17.18 in Rechnung, der Gesamtbetrag belief sich auf 14.903,62 DM.

Die Beklagte erstattete der Klägerin lediglich 7.803,03 DM und wies mit Schreiben vom 27.01.1999 darauf hin, dass gemäß § 14 Abs 4 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) bei einer operativen Versorgung eines kombinierten Innen- und Außenknöchelbruches die Fallpauschale 17.05 abgerechnet werde, da die Versorgung des Außenknöchelbruches -- für die die Fallpauschale kalkuliert sei -- die im Vergleich aufwendigere Leistung sei. Die Versorgung des Innenknöchelbruches bleibe unberücksichtigt.

Da die Klägerin auf einer Zahlung der vollen Summe bestand, holte die Beklagte eine Stellungnahme vom 06.05.1999 beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Der Facharzt für Chirurgie P führte aus, bei einer operativen Versorgung eines kombinierten Innen- und Außenknöchelbruches müsse die Fallpauschale 17.05 abgerechnet werden, da die Versorgung des Außenknöchelbruches, für die die Fallpauschale kalkuliert worden sei, die im Vergleich aufwendigere Leistung sei. Die Versorgung des Innenknöchelbruches bleibe unberücksichtigt. In einer weiteren Stellungnahme vom 25.06.1999 verblieben der Arzt P und Dr. B vom MdK bei dieser Auffassung.

Der am 30.07.1999 erhobenen Klage auf Zahlung von 7.100,59 DM nebst Zinsen hat das Sozialgericht Trier (SG) mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2000 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Zahlungsklage habe in der Sache Erfolg. Die Beklagte schulde nicht lediglich die Abrechnung als Fallpauschale, sondern die der Höhe nach unbestrittenen in der Rechnung vom 06.01.1999 im Einzelnen aufgeführten Beträge abzüglich der erbrachten Teilzahlung. Eine Abrechnung als Fallpauschale sei nicht möglich. Bei den Fallpauschalen sei nach den geltenden Abrechnungsregeln die dort genannte Rangfolge der Definitionen zu beachten. Es seien dies der Operationsschlüssel nach dem OPS-301, der Diagnosenschlüssel nach dem ICD und schließlich die Textdefinition. Unter OPS 5-794 fielen offene Repositionen einer Mehrfragment-Fraktur im Gelenkbereich eines langen Röhrenknochens mit Osteosynthese, inclusive der Versorgung kindlicher Frakturen an den Gelenken: Schultergelenk, Ellenbogen, Handgelenk, Kniegelenk (Patella) und oberes Sprunggelenk mit Ausnahme von Patellektomie. Soweit die Reposition durch Platte erfolge, werde die Operation mit Nr 5-794.2 verschlüsselt, soweit dies durch Schraube geschehe, mit Nr 5-794.0. Beide Diagnosen träfen auf den Behandlungsfall des Versicherten zu. Da der OPS-301 deshalb hier allein keine zweifelsfreie Abgrenzung erlaube, sei auf die zweite Stufe zurückzugreifen, den Diagnosenschlüssel nach dem ICD. Insoweit bestimme die Fallpauschalenziffer 17.05 aber eindeutig und zweifelsfrei, dass nur eine nach Nr 824.2 zu verschlüsselnde "geschlossene Fraktur des äußeren Knöchels" als Fallpauschale abrechenbar sei. Beim Versicherten sei aber eine nach ICD Nr 824.4 zu verschlüsselnde "geschlossene Bimalleolarfraktur" therapiert worden. Diese sei in der Fallpauschale 17.05 nicht genannt. In einem solchen Fall könne auch nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung oder Analogie die ansonsten ganz klare Fallpauschalen-Definition umgedeutet oder erweitert werden. Vielmehr sei es Sache der "Definitionsgeber", bei zukünftigen Änderungen des Fallpauschalen-Kataloges auf entsprechende Ergän...

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