Leitsatz (amtlich)
Im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt überhöhte Abrechnungen rechtfertigen für sich allein noch keine Patientenbefragungen nach EKV Anlage 2 Ziffer 5.
Normenkette
EKV Anlage 2 Ziff. 5
Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 20.10.1982; Aktenzeichen S 2 Ka 23/82) |
Tenor
1. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 20. Oktober 1982 werden zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit den Berufungen der Beklagten streiten die Beteiligten weiterhin um die Rechtmäßigkeit einer von den Beklagten am 13. Februar 1982 durchgeführten Befragung von Patienten des Klägers.
Der Kläger ist Arzt für Allgemeinmedizin. Er ist in H. als Kassenarzt zugelassen und an der Ersatzkassenpraxis beteiligt. Nach wiederholten Beanstandungen seiner Honorarabrechnungen im RVO- und Ersatzkassenbereich durch die dafür zuständigen Prüfgremien wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise entschloß sich der Ortsausschuß T. des Beklagten zu 1) zunächst eine kleinere Testbefragung von Patienten des Klägers durchzuführen. Damit sollte abgeklärt werden, ob die ständigen Honorarüberschreitungen des Klägers ausschließlich auf unwirtschaftliche Behandlungsweise zurückzuführen seien. Es wurden insgesamt sieben vom Kläger im Jahre 1981 behandelte Ersatzkassenversicherte befragt.
Bei dieser am 24. November 1981 durchgeführten Testbefragung erklärten zwei Patienten des Klägers, sie könnten sich nicht erinnern, den Kläger an den von ihn auf ihren Krankenschein verzeichneten Tagen in Anspruch genommen zu haben. Ein Patient gab an, soweit er sich erinnern könne, sei er zu den angegebenen Zeiten nicht mehrfach hintereinander beim Kläger gewesen und für ihn sei auch kein individueller Diätplan aufgestellt worden; er habe vielmehr lediglich einen Vordruck mit Empfehlungen für gesunde Ernährung erhalten. In einem weiteren Fall zog ein Patient, der zunächst Zweifel an der Richtigkeit der abgerechneten Leistungen geäußert hatte, diese Erklärung nachträglich wieder zurück. Die übrigen Befragten bestätigten die Richtigkeit der vom Kläger abgerechneten Leistungen.
Dieses Testergebnis nahmen die Beklagten zum Anlaß, nach Absprache mit der für den Kläger zuständigen kassenärztlichen Vereinigung T. am 13. Februar 1982 die streitige Befragung in größeren Umfang durchzuführen. Dabei wurden die Patienten befragt, ob die vom Kläger abgerechneten Leistungen wie angegeben erbracht worden seien, ob der Kläger selbst oder sein Vertreter die Behandlung durchgeführt habe, ob angegebene Besuche tatsächlich stattgefunden hätten, ob sie nur wegen einer Verordnung oder nur zur Ausstellung eines Krankengeldzahlscheins erfolgt seien, ob es sich um angeforderte oder routinemäßige Besuche gehandelt habe, ob der Patient auch zur Sprechstunde hätte fahren können, ob es öfter vorgekommen sei, daß in der Sprechstunde nur der Vertreter des Klägers angetroffen worden sei und ob auch der Vertreter Besuche mache. Die Befragungen wurden von jeweils zwei Bediensteten der beteiligten Ersatzkassen und der Beklagten zu 2) am 13. Februar 1982, einem Samstag, ab 9.00 Uhr vormittags in den Wohnungen der Patienten durchgeführt. Die genaue Zahl der Befragten ist nicht bekannt. Die Beklagte zu 2) hat die Krankenscheine von insgesamt 48 Patienten vorgelegt, die Gegenstand der Befragungsaktion waren. Vom Kläger liegt jedoch eine Aufstellung von insgesamt 52 RVO- und Ersatzkassenpatienten vor, die ihm über die Befragung unterrichtet haben. Die Aktion ergab keinen konkreten Anhalt für Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen des Klägers. Die Beklagte zu 2) sah sich allerdings veranlaßt, die Kassenärztliche Vereinigung zu bitten, falls die Abrechnung des Klägers für IV/1981 von Amts wegen geprüft werde, besonders auf die Einhaltung der Abrechnungsbestimmungen der Präambel zu Abschnitt B des BMÄ 78 für Hausbesuche zu achten.
Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, den Befragten seien keine Protokolle zur Unterschrift vorgelegt worden. Eine Überprüfung der Befragungsergebnisse sei daher nicht möglich. Den Patienten seien teilweise unzulässige Fangfragen gestellt worden. Mit der Aktion habe man lediglich Material für die Feststellung etwaiger Falschabrechnungen sammeln wollen. Dies sei schon deshalb unzulässig gewesen, weil insoweit kein konkreter Verdacht vorgelegen habe. Die in Rede stehende Befragung sei gerade deshalb durchgeführt worden, weil die vorangegangene Testbefragung nicht das gewünschte Ergebnis gehabt habe. Ihre Unzulässigkeit ergebe sich auch aus Art, Zeit und Ort ihrer Durchführung. In einigen Fällen seien Patienten durch sie zu einem Arztwechsel veranlaßt worden. Da die Beklagten die Auffassung vertraten, sie seien grundsätzlich zu derartigen Befragungen berechtigt, bestehe Wiederholungsgefahr.
Mit Urteil vom 20. Oktober 1982 hat das Sozialgericht entsprechend dem Antrag des Klägers festgestellt, daß die streitige Patientenbefrag...