Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch bei beruflicher Weiterbildung. Verfügbarkeit. Vorliegen der Voraussetzungen der Erreichbarkeit. keine Fiktion
Orientierungssatz
Die Voraussetzungen der Erreichbarkeit gem § 138 Abs 5 Nr 2 SGB 3 iVm § 1 Abs 1 S 2 ErreichbAnO müssen auch im Rahmen der beruflichen Weiterbildung vorliegen. Lediglich soweit diese Anspruchsvoraussetzungen wegen der konkreten, nach § 81 SGB 3 geförderten Ausbildung entfallen, können diese von § 144 Abs 1 SGB 3 fingiert werden.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 16.05.2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 24.10.2015 bis 29.06.2016 sowie die Forderung der Erstattung des in dieser Zeit zu Unrecht gezahlten Alg in Höhe von (i.H.v.) 6.792,06 € zuzüglich der in dieser Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 1.683,62 € und 252,89 €.
Der Kläger beantragte am 18.09.2014 bei der Beklagten Alg bei Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung und bestätigte mit seiner Unterschrift den Erhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose und die Kenntnisnahme von dessen Inhalt. Zuvor war der Kläger als Gerüstbauhelfer beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis endete zum 18.03.2014. In der Zeit vom 25.03.2014 bis 19.09.2014 bezog der Kläger Krankengeld. Mit Bescheid vom 19.11.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 22.09.2014 für die Dauer von 360 Tagen mit einem täglichen Leistungssatz von 27,61 €. Mit Änderungsbescheid vom 19.11.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 22.09.2014 bis auf weiteres Alg mit einem täglichen Leistungssatz von 27,61 €.
Am 24.10.2015 verzog der Kläger von der M. Straße in S. nach T. in die M. Straße. Er teilte diesen Umzug der Beklagten am 30.06.2016 mit. Mit Schreiben vom 06.09.2016 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu der von ihr beabsichtigten Aufhebung der Alg-Bewilligung im streitigen Zeitraum an, da der Kläger seine neue Anschrift nicht rechtzeitig mitgeteilt habe und seine Erreichbarkeit demgemäß nicht sichergestellt gewesen sei. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückgefordert würden. Mit Bescheid vom 27.09.2016 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 24.10.2015 bis 28.06.2016 auf und verlangte vom Kläger die Erstattung des in diesem Zeitraum zu Unrecht gezahlten Alg i.H.v. 6.764,45 € sowie der geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 1.676,75 € und zur Pflegeversicherung i.H.v. 251,86 €. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und wandte ein, er absolviere eine Weiterbildungsmaßnahme gemäß §§ 115, 81 und 83 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Form einer Umschulung zum Kfz-Mechatroniker. Die Regelung des § 138 SGB III sei damit auf ihn nicht anwendbar. Mit Änderungsbescheid vom 11.10.2016 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 27.09.2016 dahingehend, dass die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 24.10.2015 bis nunmehr zum 29.06.2016 aufgehoben wurde. Sie forderte die Erstattung des überzahlten Alg für den vorbenannten Zeitraum i.H.v. 6.792,06 € sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 1.683,62 € und 252,89 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Gemäß § 138 SGB III in Verbindung mit der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) müsse ein Arbeitsloser Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten können. Hierzu müsse er sicherstellen, dass er persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar sei. Der Kläger habe seinen Umzug vom 24.10.2015 erst am 30.06.2016 mitgeteilt. In der Zwischenzeit habe er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden, sei somit nicht arbeitslos im Sinne von § 138 Abs. 1 SGB III gewesen und habe keinen Anspruch auf Alg. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X habe der Kläger, der vom Merkblatt 1 für Arbeitslose Kenntnis erlangt habe, seine Mitteilungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zumindest grob fahrlässig verletzt, was die Aufhebung der Bewilligung des Alg rechtfertige. Gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III sei die Bewilligungsentscheidung deshalb zwingend ab der Veränderung der Verhältnisse aufzuheben gewesen. Die gezahlten Leistungen seien zu erstatten.
Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2016 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Trier erhoben und geltend gemacht, Arbeitslosigkeit im Sinne von § 138 SGB III müsse in seinem Fall nicht vorliegen. Di...