Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Arbeitslosengeldes. Erweiterung des Bemessungsrahmens. Arbeitsentgeltanspruch. Transferkurzarbeitergeldbezug. Versicherungspflichtverhältnis. Entgeltersatzleistung. Zuschuss des Arbeitgebers. einheitliche Betrachtung. keine Anwendung des § 131 Abs 3 Nr 1 SGB 3
Orientierungssatz
1. Die Beschäftigung in einer Transfergesellschaft bei Bezug von Transferkurzarbeitergeld (§ 216b SGB 3) stellt ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 24 SGB 3 dar (Anschluss an LSG Celle-Bremen vom 30.3.2011 - L 7 AL 131/08 = NZS 2012, 30).
2. Das während der Zugehörigkeit zur Transfergesellschaft bezogene Entgelt ist einheitlich, also auch der Zuschuss des Arbeitgebers zum Transferkurzarbeitergeld, dem Charakter nach als eine Entgeltersatzleistung zu betrachten.
3. § 131 Abs 3 Nr 1 SGB 3 ist auf den Fall des Transferkurzarbeitergeldes nicht entsprechend anwendbar.
4. Sind im Regelbemessungsrahmen von einem Jahr nur Zeiten mit Bezug von Transferkurzarbeitergeld enthalten, ist dieser gem § 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 3 auf zwei Jahre zu erweitern.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 09.12.2009 - S 5 AL 86/08 - aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 10.01.2008 und 14.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2008 und der Änderungsbescheide vom 17.03.2008 und 11.06.2008 verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.2008 höheres Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 153,36 € täglich zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1951 geborene Kläger war ab dem 01.01.1989 bei der I GmbH als Programmer bzw. Information Analyst beschäftigt. Das Anstellungsverhältnis wurde ab dem 01.10.1996 mit der E (Deutschland) GmbH (im Folgenden: E ) auf der Grundlage eines am 27.09.1996 vereinbarten Vertrags fortgeführt. Dieser regelte unter Punkt 2 das Gehalt wie folgt:
"1. Der Mitarbeiter erhält ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von DM 5.404,--, das am Monatsende ausgezahlt wird.
2. Der Mitarbeiter erhält zusätzlich im Juni ein 13. Monatsgehalt und im November ein 14. Monatsgehalt, jeweils in Höhe des monatlichen Bruttogehalts. Diese Zahlungen werden im Ein- und Austrittsjahr anteilig geleistet."
Ab dem 01.01.2004 vereinbarte der Kläger mit seiner Arbeitgeberin Teilzeitarbeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden.
In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 erzielte der Kläger gemäß der Arbeitsbescheinigung der E ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von (iHv) 55.977,77 €., darin enthalten waren das im Juni 2006 und im November 2006 abgerechnete und ausgezahlte Weihnachts- und Urlaubsgeld jeweils iHv eines Monatsgehalts sowie eine abgerechnete und ausgezahlte Sonderzahlung iHv 436,73 € im Monat Februar.
Am 12.12.2006 wurde zur Vermeidung einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ein Aufhebungsvertrag zwischen der E und dem Kläger zum 31.12.2006 gegen Zahlung einer Abfindung iHv 215.614,00 € geschlossen.
Punkt 9 des Aufhebungsvertrags hat folgenden Inhalt:
"Dem Arbeitnehmer wird gleichzeitig mit diesem Vertrag der Abschluss eines befristeten Vertrags mit der p im Rahmen der Bildung einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (§ 216b SGB III) angeboten. Dieser Aufhebungsvertrag steht somit unter folgenden aufschiebenden Bedingungen:
- Vorlage dieses vom Arbeitnehmer gegengezeichneten Aufhebungsvertrages bis spätestens 15. Dezember 2006, 15.00 Uhr, bei der Personalabteilung von E
und
- Vorlage des vom Arbeitnehmer gegengezeichneten befristeten Arbeitsvertrages mit der p GmbH bis spätestens 15. Dezember 2006, 15.00 Uhr, bei der Personalabteilung von E
und
- die Bewilligung des Transferkurzarbeitergeldes gem. § 216b SGB III für die Transfergesellschaft durch die zuständigen Stellen der Arbeitsagentur
und
- Sicherstellung sämtlicher Mittel zur Finanzierung der Transfergesellschaft entsprechend der Vereinbarung über die Errichtung einer Transfergesellschaft durch E (Patronatserklärung)
und
- der Zustimmung der zuständigen Arbeitsagentur zum Übertritt in die Transfergesellschaft."
Noch am selben Tag schloss der Kläger mit der p GmbH (im Folgenden: p ) einen "befristeten Arbeitsvertrag" vom 01.01.2007 für zwölf Monate. Der Gegenstand des Vertrags wurde in § 1 wie folgt geregelt:
"§ 1 Gegenstand des Vertrags/Anstellung
1. Zweck des Arbeitsvertrages ist die Eingliederung des Arbeitnehmers in das Erwerbsleben. Um dies zu erreichen, setzt die p neben entsprechender arbeits- und berufspädagogischer Unterstützung folgende Instrumente ein:
- interne bzw. externe Qualifizierungsmaßnahmen
- Praktikum in einem Betrieb bzw. einem Qualifizierungsträger
- Vermittlung zu anderen Arbeitgebern.
Andere Maßnahmen, die demselben Zweck dienen, sind ebenfalls durchführbar. Es besteht kein individueller Anspruc...