Verfahrensgang
SG Koblenz (Urteil vom 02.11.1994; Aktenzeichen S 11 Ar 382/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.11.1994 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Berufungsverfahren streiten die Beteiligten weiter darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Arbeitslosenhilfe-Bewilligung für die Zeit vom 1.12.1993 bis 14.6.1994 aufzuheben und Leistungen in Höhe von 8.869,10 DM wegen Wegfalls der Bedürftigkeit zurückzufordern.
Der am 28.3.1934 geborene Kläger ist gemäß Artikel 2 § 1 Abs. 1 b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) mit Wirkung zum 1.1.1968 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Aus diesem Grunde schloß er bei drei Versicherungsgesellschaften (G-Konzern, S.-Verein und R.-Versicherung) insgesamt acht sogenannte befreiende Lebensversicherungen ab. Die Auszahlung der Versicherungssummen war auf die Vollendung des 60. Lebensjahres ausgerichtet. Die Ablaufleistung aller Versicherungsbeträge beläuft sich nach Angaben des Klägers auf insgesamt 201.553,– DM. Nach Auskunft der BfA Berlin hat der Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Regelaltersrente von derzeit 868,88 DM zu erwarten.
Der Kläger war seit Juli 1990 arbeitslos und bezog zunächst Arbeitslosengeld und ab Dezember 1990 Anschluß-Alhi. Diese wurde ihm zuletzt mit Bescheid vom 16.7.1993 bis zum 30.6.1994 in Höhe von 613,80 DM/591,– DM (ab dem 1.1.1994) wöchentlich bewilligt. Während des Leistungsbezuges trug die Beklagte antragsgemäß nach § 166 b AFG die vom Kläger zu entrichtenden Beiträge zu den befreienden Lebensversicherungen. Am 1.12.1993 gelangte ein Versicherungsvertrag in Höhe einer Ablaufleistung von 23.296,96 DM und am 1.1.1994 ein weiterer in Höhe von 31.881,71 DM zur Auszahlung. Nachdem die Beklagte hiervon im März 1994 Kenntnis erlangte, hob sie mit Bescheid vom 14.4.1994 und Widerspruchsbescheid vom 16.5.1994 die Alhi-Bewilligung ab dem 1.12.1993 auf. Aufgrund der ausgezahlten Versicherungssummen sei der Kläger für insgesamt 28 Wochen (bis zum 15.6.1994) nicht bedürftig. Er habe 8.869,10 DM zu Unrecht an Leistung bezogen, die er nunmehr erstatten müsse.
Gegen den ihm am 18.5.1994 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 17.6.1994 Klage vor dem Sozialgericht Koblenz erhoben.
Auf seine erneute Antragstellung und Arbeitslosmeldung am 15.6.1994 bewilligte die Beklagte Alhi ab dem 15.6.1994. Die Bewilligung wurde mit Wirkung zum 1.12.1994 (Bescheid vom 15.12.1994) wegen fehlender Bedürftigkeit erneut aufgehoben, nachdem weitere Versicherungssummen in Höhe von insgesamt 143.125,63 DM zur Auszahlung gelangt waren. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger keinen Widerspruch erhoben.
Er hat vorgetragen, mit den befreienden Lebensversicherungen habe er eine Alterssicherung angestrebt. Zusammen mit der zu erwartenden gesetzlichen Altersrente hätte er seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Es sei unzumutbar, wenn er nunmehr vor Vollendung des 65. Lebensjahres die Versicherungsleistungen für die unerwartet eingetretene Arbeitslosigkeit verbrauchen müßte.
Mit Urteil vom 2.11.1994 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 14.4.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.1994 aufgehoben. Der Kläger habe nicht grob fahrlässig seine Mitwirkungspflichten verletzt, denn mit Vorlage der Versicherungspolicen zwecks Beitragsübernahme durch die BA hätten der Beklagten alle notwendigen Informationen vorgelegen. Im übrigen habe das Gericht grundsätzliche Bedenken gegen die Anrechenbarkeit der Lebensversicherungen. Da das angesparte Kapital an die Stelle der gesetzlichen Altersrente trete, sei seine Verwertung unzumutbar.
Gegen das ihr am 12.12.1994 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9.1.1995 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, die Verwertung sogenannter befreiender Lebensversicherungen sei bis zu ihrer Auszahlung unzumutbar. Danach handele es sich jedoch nicht mehr um Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebenssicherung diene, sondern um die Alterslebenssicherung selbst. Der Kläger dürfe nicht besser stehen, als Arbeitslose mit einem Anspruch auf gesetzliche Altersrente, denn dort führe dieser Anspruch, unabhängig von dessen Höhe, zu einem Ruhen des Alhi-Anspruchs. Die Verwertung der Versicherungssumme sei dem Kläger daher zumutbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 2.11.1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, auf Anraten von Versicherungsexperten habe er die Lebensversicherungen auf das vollendete 60. Lebensjahr abgestellt, um bis zum Regelalter von 65 Jahren das Geld noch gewinnbringend anlegen zu können. Nunmehr sei er gezwungen, das Kapital noch vor diesem Zeitpunkt zu verbrauchen. Die ausgezahlten Lebensversicherungssummen von 55.000,– DM habe er zunächst angelegt, später jedoch ca die Häl...