Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Bedarfe für eine Kranken- und Pflegeversicherung. Beiträge für eine freiwillige Versicherung. Möglichkeit der Familienversicherung
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 32 SGB 12 besteht nicht, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit der Familienversicherung offensteht.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 10.12.2020 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 19.09.2019 hat.
Bei dem im Juli 1951 geborenen Kläger ist ein Grad der Behinderung von 80 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) festgestellt. Die Ehefrau des Klägers ist seit 03.07.2018 zu seiner Betreuerin bestellt mit dem Aufgabenkreis „Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge einschließlich Vertretung gegenüber Behörden/Versicherungen/Renten- und Sozialleistungsträgern“. Die Ehefrau des Klägers ist freiwillig bei der B in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung versichert, der Kläger ist im Rahmen einer freiwilligen Versicherung Mitglied der A Rheinland-Pfalz/Saarland.
Der Kläger hatte von der Beklagten längere Zeit Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezogen. Zuletzt waren Leistungen für den Zeitraum bis zum 31.07.2015 bewilligt worden. Da der Kläger kein Konto bei einem Geldinstitut unterhalten hatte, hatte die Beklagte Leistungen am Wohnsitz des Klägers zur Abholung zur Verfügung gestellt. Letztmalig hatte der Kläger den Geldbetrag für den Monat Januar 2014 persönlich bei der Beklagten abgeholt. Hierdurch war nach Angaben der Beklagten für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 31.07.2015 ein Guthaben in Höhe von 6.562,27 € entstanden, welches dem Kläger nach einem entsprechenden Anerkenntnisurteil des Bundessozialgerichts vom 21.09.2017 (B 8 SO 6/16 R) im Oktober 2017 ausgezahlt worden war. Weitere 2.826,20 € waren an den Vermieter ausgekehrt und von diesem bis Ende des Jahres 2020 als Guthaben geführt worden, da kein Mietrückstand bestanden hatte; ein Rückgriff auf dieses Guthaben erfolgt ausweislich der Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in einem Schriftsatz vom 22.02.2021 im dem Verfahren L 1 SO 24/20 erst aktuell.
Auf den Folgeantrag des Klägers vom 29.06.2015 auf Weitergewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ab dem 01.08.2015 hatte die Beklagte die Leistungen versagt, da der Kläger seinen Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht nachgekommen sei (Bescheid vom 29.07.2015). Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015), Klage (Urteil vom 21.11.2016 - S 12 SO 159/16) und Berufung (Urteil vom 29.08.2017 - L 4 SO 20/17) waren ebenso wie die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ohne Erfolg (Beschluss des Bundessozialgerichts vom 17.05.2018 - B 8 SO 86/17 B) geblieben. Ebenfalls gestützt auf § 66 SGB I, vereinzelt auch mangels Hilfebedürftigkeit und damit materiell-rechtlich mangels Anspruch, hatte die Beklagte auch auf Anträge in den Folgejahren die Leistungen versagt bzw. abgelehnt. Diesbezüglich waren verschiedene Verfahren vor dem Senat anhängig, u. a. das Verfahren L 1 SO 24/20, in welchem am 25.03.2021 eine Beweisaufnahme zu der Frage der Hilfebedürftigkeit des Klägers stattfand.
Mit Schreiben vom 19.09.2019 stellte der Kläger zum wiederholten Male einen Antrag auf Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2019 ab. Eine Übernahme der anfallenden Kosten einer freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung könne im Rahmen der Grundsicherung nur erfolgen, wenn für den Kläger keine andere Möglichkeit eines Krankenversicherungsschutzes nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehe. Die Ehefrau des Klägers sei als freiwilliges Mitglied krankenversichert. Nach § 10 SGB V habe der Kläger die Möglichkeit über seine Ehefrau eine Familienversicherung zu beantragen. Ein Nachweis, dass eine solche Familienversicherung beantragt worden sei, liege nicht vor, gleichfalls kein entsprechender Ablehnungsbescheid über eine beantragte Familienversicherung. Der Kläger sei bereits in der Vergangenheit mehrfach über die Möglichkeit einer Familienversicherung informiert worden, habe bislang jedoch keinerlei Nachweise erbracht, dass er sich um eine solche bemü...