Leitsatz (amtlich)

Bestand das Entgelt des Versicherten im "letzten abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum" (Bemessungszeitraum) überwiegend aus Lohnfortzahlungen während einer Arbeitsunfähigkeit, scheidet es als Regellohn bei der Krankengeldberechnung für die Zeit einer neuen Arbeitsunfähigkeit aus. Maßgebend ist dann das aufgrund der - keinen Bemessungszeitraum ausfüllenden - Tätigkeit zwischen dem Ende der alten und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit (Zwischenbeschäftigung) erzielte lohnsteuerpflichtige Entgelt zuzüglich des Entgelts, das ein gleichartig Beschäftigter desselben Arbeitgebers während der am gesetzlichen Bemessungszeitraum fehlenden Zeit verdiente (Anschluß an BSG vom 1973-06-22 3 RK 90/71 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO).

 

Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 05.12.1979; Aktenzeichen S 2 K 34/78)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 5. Dezember 1979 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 1978 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 18. November 1976 ein höheres Krankengeld nach dem für den Monat Mai 1975 maßgeblichen lohnsteuerpflichtigen Arbeitsentgelt (tatsächlich vom Kläger erzieltes Arbeitsentgelt und für die damit nicht belegte Zeit das Arbeitsentgelt eines gleichartigen Arbeiters der Beschäftigungsfirma des Klägers) zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten ein höheres Krankengeld bzw. ein Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 18. November 1976.

Der Kläger war bis zum 31. Mai 1975 bei der Bauunternehmung K. in K. als Arbeiter (Zimmermann) versicherungspflichtig beschäftigt. Er hatte zuletzt vom 1. bis zum 4. April 1975 Tarifurlaub, war anschließend bis zum 4. Mai arbeitsunfähig krank und arbeitete wieder – unterbrochen durch zwei Fehltage und einen Tag Tarifurlaub – vom 5. bis zum 23. Mai; unmittelbar danach war er wieder arbeitsunfähig krank und erhielt Lohnfortzahlung bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses (Lohnabrechnung für Mai 1975). Sein Arbeitseinkommen im April 1975 setzte sich aus den Lohnzahlungen für die Zeit des Tarifurlaubs und der Lohnfortzahlung für die anschließende Zeit der Arbeitsunfähigkeit in Höhe von insgesamt 2.181,96 DM brutto (1.429,35 DM netto) zusammen (Lohnabrechnung für April 1975). Dieses Entgelt legte die Beklagte der Krankengeldberechnung zugrunde und gewährte dem Kläger zunächst täglich 38,35 DM und nachträglich unter Berücksichtigung der von Februar bis April 1975 angerechneten durchschnittlichen Überstunden von täglich 47,19 DM (Bescheid vom 4. September 1975). Der Kläger beanstandete auch diese Berechnung und meinte, es müsse sein Regellohn der Zeit bis einschließlich März 1975 berücksichtigt werden, in der er voll gearbeitet und dementsprechend Überstunden-, Feiertags- und Nachtschichtzuschläge sowie Erschwerniszulage und Auslösungen erhalten habe.

Durch Bescheid vom 23. Januar 1978 und Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 1978 lehnte die Beklagte ein höheres Krankengeld ab.

Die Klage hat das Sozialgericht Mains durch Urteil vom 5. Dezember 1979 abgewiesen. Es hat die Krankengeldberechnung der Beklagten auf der Grundlage der Lohnabrechnung für April 1975 zuzüglich des Überstundendurchschnitts für die Monate Februar bis April 1975 als richtig bestätigt.

Gegen das am 3. Januar 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Januar 1980 die Berufung eingelegt.

Er ist der Ansicht, für die Berechnung des Krankengeldes müsse wenigstens das im März 1975 erzielte Arbeitseinkommen maßgebend sein. Letztlich gehe es aber überhaupt nicht um Krankengeld, sondern um Übergangsgeld, das ihm in Wirklichkeit zugestanden habe, weil er wegen eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 5. Dezember 1979 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 18. November 1976 Übergangsgeld nach § 561 RVO,

hilfsweise ein höheres Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und im übrigen an sich eine Entscheidung in der Sache für unzulässig, weil der Neufeststellungsbescheid über das gewährte Krankengeld vom 4. September 1975 bindend geworden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und hinsichtlich des begehrten höheren Krankengeldes auch begründet.

Die frühere Krankengeldberechnung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bindend. Die Beklagte hat den Anspruch auf die später erhobenen Einwände des Klägers hin in vollem Umfange sachlich überprüft und dements...

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