Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Widerspruchseinlegung durch Bevollmächtigten. fehlender schriftlicher Nachweis der Vollmacht innerhalb der gesetzten Frist. Verwerfung des Widerspruchs wegen Unzulässigkeit. keine Heilung durch Nachreichung der Vollmacht im Klageverfahren
Orientierungssatz
Hat ein Bevollmächtigter im Namen eines Empfängers von Leistungen nach dem SGB 2 Widerspruch gegen einen Bescheid des Grundsicherungsträgers erhoben, aber die Vollmacht auf Verlangen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist schriftlich nachgewiesen, so sind seine bisherigen Verfahrenshandlungen unwirksam und der Widerspruch durfte auch dann als unzulässig verworfen werden, wenn der Nachweis im Klageverfahren nachgereicht wurde. Die Grundsätze des § 73 Abs 6 S 5 SGG können nicht auf das Verwaltungsverfahren übertragen werden. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides ist auch die heilende rückwirkende Genehmigung des Handelns des vollmachtlosen Vertreters ausgeschlossen.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 24.01.2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat September 2011.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger sowie seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn der Eheleute mit Bescheid vom 24.08.2011 für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 29.02.2012 Leistungen nach dem SGB II. Vom 16.08.2011 bis zum 20.09.2011 befand sich der Kläger in einer Heilmaßnahme in der Psychosomatischen Fachklinik S in B. Am 16.09.2011 ging beim Beklagten die Mitteilung der Ehefrau des Klägers ein, der Kläger sei am 16.08.2011 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Mit Schreiben vom 20.09.2011 forderte der Beklagte den Kläger unter seiner alten Anschrift in L. auf, eine Umzugsmeldung oder Abmeldung vorzulegen. Die Stadt L hatte den Kläger bereits mit Schreiben vom 15.09.2011 zur Ummeldung aufgefordert, da er verzogen sei, ohne dies der Meldebehörde mitzuteilen. Am 23.09.2011 meldete sich der Kläger beim Beklagten und teilte seinen am 21.09.2011 erfolgten Umzug nach W mit. Am 30.09.2011 sprach der Kläger beim Jobcenter W. vor und teilte mit, er wolle nach W ziehen und erhalte in L Leistungen. Er habe kurz in S gewohnt, dort aber keinen Antrag auf Alg II gestellt. Am 04.10.2011 meldete sich der Kläger erneut beim Jobcenter W. und gab an, er sei nach W gezogen und wolle Alg II beantragen. Seine Adresse sei noch in L. Da er den Mietvertrag "erst am Do" bekomme, könne er sich erst dann ummelden. Bei einer weiteren Vorsprache beim Jobcenter W. am 06.10.2011 gab der Kläger an, er werde mit seiner neuen Partnerin in W zusammenziehen. Diese bezog bereits Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 23.09.2011 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 24.08.2011 für die Zeit vom 01.09. bis zum 30.09.2011 hinsichtlich der dem Kläger bewilligten Regelleistung in Höhe von 97,33 € auf und forderte diesen Betrag vom Kläger zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach W umgezogen und habe die neue Anschrift dem Beklagten nicht rechtzeitig mitgeteilt. Wegen des Umzugs des Klägers in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers sei er, der Beklagte, nicht mehr für die Leistungserbringung zuständig.
Der Bevollmächtigte des Klägers legte am 17.10.2011 im Namen des Klägers Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe sehr wohl rechtzeitig mitgeteilt, dass er nach W ziehen werde. Zuvor sei er drei Tage in S gemeldet gewesen, was dem Beklagten bekannt gewesen sei. Eine den Klägerbevollmächtigten legitimierende Vollmacht gelangte nicht zu den Akten. Der Beklagte forderte den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 27.10.2011 zur Vorlage einer Vollmacht auf. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Ohne eine vorliegende ordnungsgemäße Bevollmächtigung ist nicht belegt, dass Sie Herrn S. auch tatsächlich vertreten. Ich fordere Sie auf, eine ordnungsgemäße Vollmacht vorzulegen. Sollte ich bis zum 11.11.2011 keine Antwort erhalten, werde ich davon ausgehen, dass Sie sich nicht weiter äußern wollen. Ich werde dann aufgrund des mir bekannten Sachverhaltes entscheiden." Mit E-Mail vom 30.11.2011 wurde der Bevollmächtigte an den Nachweis der Vollmacht erinnert und ihm im Hinblick darauf, dass es beim Beklagten Probleme mit dem Faxeingang gegeben hatte, die Möglichkeit gegeben, bis spätestens 07.12.2011 die geforderte Vollmacht nachzureichen, allerdings nicht per Fax, da auf diesem Weg der Zugang nicht gesichert sei. Nach Ablauf der Frist werde nach Aktenlage über den Widerspruch entschieden. Am 08.12.2011 wurde der Klägerbevollmächtigte telefonisch an die fehlende Vollmacht erinnert. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2011 wurde der Widerspruch des Klägers gegen de...