Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 01.12.1977; Aktenzeichen S 6 A 84/76)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.10.1979; Aktenzeichen 1 RA 83/78)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 1. Dezember 1977 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirkung einer Beitragserstattung.

Die 1936 geborene Klägerin war zunächst vom 1. Oktober 1952 bis zum 20. Juli 1957 in der DDR und nach ihrer Flucht in die Bundesrepublik noch vom 26. August 1957 bis zum 3. Oktober 1959 als Buchhalterin versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund ihrer Heirat erstattete die Beklagte ihr antragsgemäß die Hälfte der in der Zeit vom 26. August 1957 bis zum 3. Oktober 1959 geleisteten Beiträge (Bescheid vom 24. Mai 1961). Nachdem die Erstattungsvorschrift (§ 83 Angestelltenversicherungsgesetz –AVG–) aufgehoben und die Möglichkeit der Beitragsnachentrichtung für den Erstattungszeitraum (Art. 2 § 27 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz – AnVNG) eingeführt worden war, hat die Klägerin für die Zeit vom 26. August 1957 bis zum 3. Oktober 1959 Beiträge nachentrichtet. Ihren Antrag auf Anerkennung der in der DDR zurückgelegten Beitragszeit hat die Beklagte durch Bescheid vom 13. Januar 1976 abgelehnt, weil durch die Beitragserstattung das gesamte Beitragskonto einschließlich der Versicherungszeiten in der DDR erloschen sei (§ 82 Abs. 7 AVG).

Mit ihrem Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht: Da § 83 AVG weggefallen sei, gelte für die Heiratserstattung auch nicht mehr die Regelung in § 82 Abs. 7 AVG. Außerdem sei eine Ungleichbehandlung der Flüchtlinge und damit ein Verstoß gegen das Grundgesetz darin zu sehen, daß die in der DDR geleisteten Versicherungsbeiträge nicht erstattet worden seien und deshalb für diese Zeit keine Beiträge nachentrichtet werden könnten. Zum Ausgleich dafür mußten die in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten weiterhin berücksichtigt werden.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1976 mit der zusätzlichen Begründung zurückgewiesen, das durch die Beitragserstattung erloschene alte Beitragskonto sei durch die Beitragsnachentrichtung nicht wieder aufgelebt.

Die am 4. August 1976 erhobene Klage hat das Sozialgericht Speyer, Zweigstelle Mainz, durch Urteil vom 1. Dezember 1977 abgewiesen. Das Sozialgericht (jetzt Sozialgericht Mainz) hat die Ansicht der Beklagten als richtig bestätigt und den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen das Grundgesetz verneint.

Nach Zustellung des Urteils am 24. Dezember 1977 hat die Klägerin am 16. Januar 1978 die Berufung eingelegt.

Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und verweist auf Urteile den Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. April 1964 und 9. September 1965, nach denen trotz einer Beitragserstattung die Anrechnung des Erstattungszeitraums als Beschäftigungszeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) nicht ausgeschlossen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 1. Dezember 1977 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Oktober 1952 bis zum 20. Juli 1957 als Beitragszeit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Nr. … Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Klägerin kann nicht verlangen, daß die in der DDR entrichteten Beiträge für die Zeit vom 1. Oktober 1952 bis zum 20. Juli 1997 von der Beklagten anerkennt und bei einer späteren Rente angerechnet werden. Diese Beiträge sind durch die Beitragserstattung erloschen. Das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

Der § 83 AVG, der die Erstattung der Versicherungsbeiträge bei Heirat der Versicherten regelte, galt bis zum 31. Dezember 1967 (Finanzänderungsgesetz 1967 in BGBl. I S. 1259). Bis dahin war einer Versicherten, die geheiratet hatte, auf ihren Antrag hin die Hälfte der von ihr für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 im Bundesgebiet oder für die Zeit nach dem 24. Juni 1948 im Land Berlin entrichteten Beiträge zu erstatten (§ 83 Abs. 1 AVG). Die Beklagte hat daher zu Recht nur die von der Klägerin in der Bundesrepublik, nicht dagegen in der DDR geleisteten Beiträge anteilig erstattet. Trotz Aufhebung des § 83 AVG ist diese Beitragserstattung nach wie vor rechtswirksam. Ein in der Vergangenheit liegender abgeschlossener Tatbestand wird durch eine Gesetzesänderung nur berührt, wenn und soweit das ausdrücklich geregelt ist. Eine dahingehende Bestimmung hat der Gesetzgeber für die Beitragserstattung nach § 83 AVG jedoch nicht getroffen. Er hat mit Art. 2 § 2...

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