Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der freiwilligen Krankenversicherung für Rentner. Entziehung des bewilligten Beitragszuschusses nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10. BVerfG-Beschluss vom 15.3.2000. 1 BvL 16/96
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Änderung der Verhältnisse hinsichtlich der Krankenversicherung für Rentner aufgrund des Beschlusses des BVerfG vom 15.3.2000 - 1 BvL 16/96 ua = BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42).
2. § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10 kann analog angewendet werden, wenn und soweit dies durch den Gesetzeszweck gefordert wird. Die Norm ist auch anwendbar, wenn Anspruch infolge nachträglich erzielter Einkünfte zum Ruhen gekommen ist oder wenn etwa von demselben Sozialleistungsträger eine andere höhere Leistung gewährt wird, die den Bezug der schon empfangenen Sozialleistung ausschließt.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 17.01.2011 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beitragsanteilen zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung sowie die Rückforderung von Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.
Der im Jahr 1930 geborene Kläger bezieht seit dem 01.02.1995 von der Beklagten eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Da er zu Beginn der Rentenzahlung freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war, gewährte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 10.07.1995 einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Ab dem 01.04.2002 wurde der Kläger Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner bzw. Pflegeversicherung der Rentner und führte seitdem Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr ab.
Am 08.10.2008 erhielt die Beklagte durch den automatischen Datenabgleich Kenntnis davon, dass der Kläger seit dem 01.04.2002 Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung war.
Mit Bescheid vom 21.10.2008 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers neu, woraus sich ab dem 01.12.2008 eine monatliche Zahlung von 411,05 € ergab. Für die Zeit vom 01.01.2004 bis 30.11.2008 ergab sich wegen der Neuberechnung auf Grund des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses ab dem 01.04.2002 eine Überzahlung von 2.513,65 € unter Berücksichtigung einer Verjährung der Beiträge für die Zeit bis zum 31.12.2003. Die nicht geleisteten Beiträge bzw. Anteile an den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung seien auch rückwirkend von der Rente einzubehalten und unabhängig davon entstanden, ob der Kläger wisse, dass aus der Rente Beiträge einzubehalten gewesen seien. Es sei vorgesehen, die Überzahlung auf Grund der rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile aus der weiter ihm zu zahlenden Rente einzubehalten.
Zugleich wurde der Bescheid über die Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung mit Wirkung ab dem 01.12.2008 nach § 48 SGB X aufgehoben.
Mit Bescheid vom 20.02.2009 hob die Beklagte nach Anhörung des Klägers den Bescheid vom 10.07.1995 über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.04.2002 auf und setzte eine Erstattung für die Zeit vom 01.04.2002 bis 30.11.2008 in Höhe von 2.606,41 € fest. Die rückwirkende Aufhebung des Bescheides sei statthaft, da der Kläger auf Grund der ihm zur Verfügung gestellten Informationen aus dem Merkblatt zur "Krankenversicherung der Rentner und Pflegeversicherung", dem Antrag auf Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung und dem den Beitragszuschuss bewilligenden Bescheid gewusst haben müsse, dass wesentliche Voraussetzung für die Zahlung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung sei. Der Kläger habe auf Grund der schriftlichen Mitteilung der B E auch gewusst, dass die Krankenkasse die freiwillige Mitgliedschaft zum 31.03.2002 beendet habe, und dass ab 01.04.2002 Versicherungspflicht in der Krankenversicherung bestanden habe. Der Kläger habe auch gewusst, dass er über den 31.03.2002 hinaus dennoch einen Beitragszuschuss erhalten habe, was sich ganz offensichtlich aus den jährlichen Rentenanpassungsmitteilungen ergebe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2009 hinsichtlich der Bescheide vom 21.10.2008 und 20.02.2009 entschied die Beklagte, dass die Nachforderung der Beitragsanteile zur Krankenversicherung der Rentner für die Zeit vom 01.01.2004 bis 30.11.2008 in Höhe von 2.513,65 € zulässig und noch nicht verjährt sei. Sozialhilfebedürftigkeit trete nicht ein. Hinsichtlich der Forderung der zu Unrecht gezahlten Zuschüsse zu den Aufwendungen der Kranken- und Pflegeversicherung werde im Rahmen eines zuzurechnenden Mitverschuldens der B E im Wege der Ermessensausübung die Rückforderung des überzahlten Beitragszuschusses auf die Hälfte, 1.303,20 €, reduziert. Ein vollständiger Verzicht komme nicht in Betracht, da der Kläger auf Grund der Ausführungen in den beitragszu...