Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Beschwerdeverfahren. ablehnende Entscheidung in erster Instanz. Prüfung der Erfolgsaussichten durch das Beschwerdegericht. Bindungswirkung einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung. rechtskräftig erledigtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Das Beschwerdegericht ist nach PKH-Ablehnung durch die erste Instanz bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung an eine inzwischen eingetretene Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gebunden (siehe BGH vom 7.3.2012 - XII ZB 391/10 = NJW 2012, 1964, juris). Dies gilt auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl auch LSG Halle vom 10.9.2014 - L 5 AS 399/14 B = NZS 2015, 119, juris).
Normenkette
SGG § 73a; ZPO § 114
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Januar 2016 betreffend die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragssteller und Beschwerdeführer (im Weiteren: Antragsteller) wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein rechtskräftig beendetes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Die 1956 geborene Antragstellerin bezog gemeinsam mit ihrem im September 1991 gebore-nen Sohn, dem Antragsteller, vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. November 2015 Leistungen für den Bewilligungszeit-raum von Dezember 2015 bis November 2016. Dabei berücksichtigte er Kosten der Unter-kunft und Heizung (KdU) in Höhe von 382,00 EUR.
Die Antragsteller bewohnten seit 1998 eine Dreizimmerwohnung und bezahlten bereits seit dem Jahr 2005 die Miete nicht mehr in voller Höhe, sondern nahmen Mietminderungen vor. Wegen Mängeln der Wohnung, deren Beseitigung und den Zahlungspflichten gab es mehrere zivilrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht. Im März 2015 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs von rund 3.400 EUR (seit Mai 2012) und erhob Räumungsklage beim Amtsgericht D.
Am 29. Oktober 2015 beantragte die Antragstellerin eine Zusicherung für eine neue Unter-kunft in der ...Straße in D. Zur Begründung führte sie an, aufgrund ihrer Erkrankung sei die derzeitige Wohnung unzumutbar geworden, da diese in der fünften Etage liege und sie keine Treppen mehr steigen könne. Zudem gebe es seit Jahren mit dem Vermieter Streit wegen der Beseitigung von Wohnungsmängeln.
Am 1. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner die Übernahme von Umzugskosten in eine Wohnung in der ...Straße in D. und legte dazu drei Kostenvoran-schläge von Umzugsunternehmen vor, die sich auf 1.047,20 EUR, 1.130,50 EUR und 1.814,75 EUR beliefen. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 ab. In der Regel sei ein Umzug in Selbsthilfe durchzuführen. Es könnten die Kosten für einen Mietwagen in erforderlicher Größe übernommen sowie Verpflegungszu-schüsse für Umzugshelfer gewährt werden. Aufwendungen für ein Umzugsunternehmen würden nur im Ausnahmefall gewährt. Nach der Arbeitsvermittlungsakte habe die Antragstel-lerin keine gesundheitlichen Einschränkungen, sodass nicht glaubhaft gemacht sei, dass sie den Umzug nicht selbst durchführen könne.
Am 17. Dezember 2015 schloss die Antragstellerin einen ab Februar 2016 gültigen Mietver-trag für die 57,82 m² Zweiraumwohnung in der ...Straße (1. OG rechts) ab. Danach war eine Bruttokaltmiete von 422 EUR (ohne Wasser und Heizkosten) zu zahlen. Hinzu kamen Abschläge für Fernwärme von 76 EUR und Wasser von 42 EUR.
Am 30. Dezember 2015 haben die Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2015 eingelegt und beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechts-schutzes gestellt. Sie haben PKH beantragt und geltend gemacht: Sie könnten eine Ent-scheidung im Widerspruchsverfahren nicht abwarten, weil der Umzug kurzfristig bis zum 1. Februar 2016 erfolgen müsse. Die Sache sei auch eilbedürftig, weil ihnen ein weiterer Verbleib in der mit Schimmelpilz belasteten Wohnung nicht zumutbar sei. Ihr Anordnungsan-spruch ergebe sich aus § 22 Abs. 6 SGB II, denn der Antragsgegner habe sich im angegrif-fenen Bescheid vom 10. Dezember 2015 dem Grunde nach bereit erklärt, die Umzugskosten zu übernehmen. Allein die Höhe sei streitig Die Antragstellerin könne selbst keinen Mietwagen führen. Sie leide an Gelenkarthrosen und könne weder schwer heben noch tragen. Sie habe keine Freunde oder Bekannte, die ihr beim Umzug helfen könnten. Der Antragsteller könne ebenfalls nicht helfen, denn er sei nach einer doppelten Leistenbruchoperation im November 2015 krankgeschrieben. Ihm sei jede Anstrengung, insbesondere das Heben und Tragen von Lasten untersagt. Es komme nicht darauf an, ob die KdU für die neue Wohnung angemessen seien.
Mit Beschluss vom 28. Januar 2016 hat das ...