Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen statusrechtliche Entscheidungen nach § 7a SGB 4. Betriebsprüfung. Beitragsbescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 7a Abs 7 SGB 4 haben Widerspruch und Klage gegen statusrechtliche Entscheidungen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt auch nicht dadurch, dass daneben noch Beiträge nachgefordert werden. Daher gilt § 7a Abs 7 SGB 4 auch bei Bescheiden nach § 28p Abs 1 SGB 4.

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 01. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 09. August 2011 wird abgeändert und es wird festgestellt, dass die Anfechtungsklage vom 27. Dezember 2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 01. Juni 2010, geändert durch Bescheid vom 16. Juni 2010, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2010 und des Überprüfungsbescheides vom 05. April 2011 aufschiebende Wirkung hat.

Die Beteiligten tragen die Kosten beider Verfahrenszüge jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 146.403,22 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung bzw. Herstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den aufgrund einer Betriebsprüfung erlassenen Beitragsbescheid der Antragsgegnerin. Antragserweiternd begehrt er im Beschwerdeverfahren die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den ursprünglichen Bescheid.

Der am ... 1952 geborene Antragsteller vermittelte im Zeitraum 01. Januar 2001 bis zum 31. Juli 2005 unter der Bezeichnung "Agentur K." insgesamt 81 dienstleistende Mitarbeiter (u.a. Bild-, MAZ- und Tontechniker) an den M. (M). Der M. meldete dem Antragsteller seinen monatlichen Personalbedarf, worauf dieser dann für den Einsatz der jeweiligen Mitarbeiter die Dienstpläne erstellte. Der Antragsteller hatte mit dem M. einen pauschalen Stundenverrechnungssatz vereinbart, wobei dessen monatliches Budget variierte. Mit den Mitarbeitern schloss der Antragsteller ausschließlich mündliche Produktionsdienstleistungsverträge mit festen Stundenpauschalen. Über ihren Vergütungsanspruch stellten die Mitarbeiter dem Antragsteller Rechnungen mit Umsatzsteuer.

Wegen einer möglichen Nichtbeteiligung des Personalrats des M. sollte ab März 2005 für die künftige Zusammenarbeit mit dem Antragsteller ein Rahmenvertrag zur Arbeitnehmerüberlassung geschlossen werden. Gegenüber dem Personalrat erklärte der Antragsteller, dass vier regelmäßig zum Einsatz gekommene Mitarbeiter fest bei ihm angestellt und sechs weitere Mitarbeiter freie Mitarbeiter seien.

K. S., eine frühere Mitarbeiterin des Antragstellers, die sich beim M. als Festangestellte einzuklagen versuchte, zeigte den Antragsteller infolge eines internen Zerwürfnisses bei der Staatsanwaltschaft und dem Hauptzollamt wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung u.a. an. Hierauf erging am 18. Dezember 2009 gegen den Antragsteller ein Strafbefehl wegen § 266 a Strafgesetzbuch (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) mit einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 10 Monaten (Az ...).

Nach einer beim Antragsteller durchgeführten Beitragsüberwachung gemäß § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) für den Zeitraum 01. Januar 2001 bis zum 31. Juli 2005 erließ die Antragsgegnerin den Bescheid vom 01. Juni 2010 mit einer Nachforderung für Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 656.637,84 EUR. Aufgrund der Unterlagen des Hauptzollamtes M. und der Staatsanwaltschaft H. sei ersichtlich, dass der Antragsteller die bei ihm in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung angemeldet habe und für sie auch keine Beiträge entrichtet worden seien, obgleich sie gegen Entgelt beschäftigt gewesen seien. Die in den Anlagen zum Bescheid aufgeführten Arbeitnehmer hätten in der für den Antragsteller ausgeübten Beschäftigung der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherungspflicht und der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Entsprechend seien für die Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge in Anlage 1 nachberechnet worden. Eine Verjährung der vorsätzlich vorenthaltenen Beiträge sei nicht eingetreten. Mit weiterem Bescheid vom 16. Juni 2010 wurde der zuvor ergangene Bescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) berichtigt, da für den Mitarbeiter M. S. die unzuständige Krankenkasse, die A. anstatt der B., angenommen wurde, so dass sich die Nachforderung auf 652.651,58 EUR änderte.

Der Antragsteller legte gegen den Bescheid vom 01. Juni 2010 am 15. Juni 2010 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag unter dem 20. Juli 2010 ab.

Mit Widerspruc...

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