Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Erstausstattung bei Geburt. Nachweis des tatsächlichen Bedarfs und einer Unterdeckung. Beweislast. Nichtvorlage von Beweismitteln im sozialgerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Wer behauptet, die für die Erstausstattung bei Geburt bewilligten Pauschalen seien nicht bedarfsdeckend gewesen, hat darzulegen, welche Gegenstände angeschafft wurden und welcher tatsächliche, nicht von der Pauschale gedeckte Bedarf bestand.

 

Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird in beiden Verfahren nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am ... 2006 geborene Kläger begehrt in zwei Berufungsverfahren weitere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) anlässlich seiner Geburt. In dem Verfahren L 5 AS 63/12 geht es um die Erstattung der Anschaffungskosten für eine Autobabyschale und einen Kinderkleiderschrank, in dem Verfahren L 5 AS 64/12 für ein Laufgitter, einen Kinderhochstuhl, ein Kopfkissen sowie einen Autokindersitz.

Die Mutter des Klägers bezog während der Schwangerschaft und nach der Geburt des Klägers vom Beklagten laufende Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 2. Juni 2006 eine Pauschale für die Erstausstattung in Höhe von 155,00 EUR nach seiner Richtlinie; eine Beihilfe zur Zimmereinrichtung anlässlich der Geburt lehnte er ab. Im Widerspruchsverfahren bewilligte er mit Teilabhilfebescheid vom 6. Juli 2006 weitere 225,00 EUR für ein Kinderbett mit Matratze und einen Kinderwagen. Der Widerspruch wurde im Übrigen mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2006 zurückgewiesen. Nach der Geburt des Klägers bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2006 weitere 30,00 EUR zur Anschaffung eines Wickeltischs und einer Babybadewanne. In Ausführung eines Beschlusses in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Magdeburg (S 11 AS 910/06 ER) leistete er mit weiterem Bescheid vom 21. September 2006 vorläufig weitere 30,00 EUR für die Anschaffung einer Bettdecke.

Die Mutter des Klägers beantragte am 5. September 2006 weitere Leistungen für einen Kinderkleiderschrank und eine Autobabyschale. Diese benötige sie, da die Kinderärztin nicht am Wohnort praktiziere. Einen beabsichtigten Hausbesuch von Mitarbeitern des Beklagten im September 2006 verweigerte sie. Mit Bescheid vom 18. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 lehnte der Beklagte die begehrten weiteren Leistungen ab. Es existiere ein Kinderarzt vor Ort. Der Kläger könne auch mit dem Kinderwagen zum Arzt gebracht werden. Ein Kinderkleiderschrank sei nicht erforderlich. Es sei davon auszugehen, dass gegenwärtig genügend Stauraum für die Babykleidung vorhanden sei. Ob auch eine andere Aufbewahrung möglich sei, habe mangels Hausbesuchs nicht überprüft werden können.

Dagegen hat der Kläger am 13. Juli 2007 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 12 AS 1351/07). Die ständig notwendigen Ultraschalluntersuchungen könne nur die in Q. ansässige Kinderärztin durchführen. Die Wegstrecke von einem Kilometer vom Bahnhof bis dorthin sei mit dem Kinderwagen unzumutbar, insbesondere bei schlechtem Wetter. Er werde größer und benötige einen gesonderten Schrank. Die bewilligten Beträge laut der Richtlinie des Beklagten seien nicht ausreichend.

Mit weiterem Antrag vom 8. Juni 2007 hat der Kläger Leistungen für ein Laufgitter, einen Hochstuhl, ein Kopfkissen und einen Autokindersitz beantragt. Er sei mittlerweile acht Monate alt und die Anschaffungen seien notwendig. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 4. Juli 2007 die begehrten Leistungen abgelehnt. Es handele sich nicht um eine Erstausstattung der Wohnung laut seiner Richtlinie. Die Beträge für die begehrten Gegenstände müssten aus der Regelleistung angespart werden. Den dagegen gerichteten, nicht begründeten Widerspruch hat er mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2007 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger wiederum am 16. November 2007 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 12 AS 2521/07). Es bestehe ein bedarfsbezogener Anspruch auf Erstausstattung bei der Geburt. Das Laufgitter, der Hochstuhl und das Kopfkissen seien notwendige Anschaffungen. Der Autokindersitz sei gesetzlich für Kfz vorgeschrieben. Dieses benötige seine Mutter für private Kontakte, für Behördengänge und um günstig einkaufen zu können.

In der mündlichen Verhandlung der beiden Rechtsstreite am 19. Dezember 2008 hat die Mutter des Klägers angegeben, die begehrten Gegenstände bereits angeschafft zu haben. Sie habe sich nach gebrauchten Sachen umgesehen und das Geld dafür von Herrn G., von ihrer Oma und von ihrem Bruder erhalten. Dieses Geld müsse sie definitiv zurückzahlen; bei Herrn G. habe sie bereits mit der Rückzahlung angefangen. In welcher Höhe sie Schulden habe, könne sie nicht sagen, sie habe aber Unterlagen zu Hause. Den Kleiderschrank habe sie bei H...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge