Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Darlehen für Mietschulden. Räumungsklage. Übernahme. Ablauf der Frist nach Rechtshängigkeit zur Befriedigung des Vermieters. Arbeitslosengeld II. Fehlender Anordnungsgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übernahme von Mietschulden zur Abwendung einer drohenden Wohnungslosigkeit ist nicht gerechtfertigt, wenn dadurch der Erhalt der Mietwohnung nicht langfristig gesichert werden kann.
2. Bei anhängiger Räumungsklage kann die Unterkunft nicht langfristig gesichert werden, wenn die Frist von 2 Monaten nach Rechtshängigkeit zur Befriedigung des Vermieters abgelaufen ist. Diese Frist gilt auch für eine Verpflichtungserklärung eines Grundsicherungsträgers.
3. Der Ablauf der Frist kann unschädlich sein, wenn der Vermieter bei einer Begleichung der Mietschulden bereit wäre, die Räumungsklage zurückzunehmen und das Mietvertragsverhältnis fortzusetzen.
4. Ein Anordnungsgrund für eine begehrte Mietschuldenübernahme im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht glaubhaft gemacht, wenn bei noch anhängiger Räumungsklage auf eine für künftige Mietverträge benötigte "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" verwiesen wird.
5. Ein Anspruch auf vorläufige Mietschuldenübernahme gegen den Grundsicherungsträger ergibt sich nicht aus den Grundsätzen des zuerst angegangenen bei Zuständigkeit mehrerer Leistungsträger. Bezieher von Leistungen nach dem SGB II sind von Leistungen nach § 34 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen
Tenor
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Juli 2010 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Übernahme von Mietschulden zur Abwendung einer Räumungsklage sowie gegen die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren.
Der am ... 195 ... geborene Beschwerdeführer bezieht seit Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU).
Er bewohnt seit dem 1. April 2006 als Alleinmieter eine 53 qm große Wohnung mit einer Gesamtmiete von 252,50 EUR/Monat. Ab November 2000 war er "gleichberechtigter Hauptmieter" der 1959 eingezogenen ursprünglichen Alleinmieterin gewesen. Die Wohnung hatte bis Februar 2007 im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft M. mbH (WBau) gestanden. Im März 2007 war sie an die F. und Sch. GbR verkauft worden. Dies hatte der Beschwerdeführer zunächst nicht mitgeteilt. Die Beschwerdegegnerin hatte die Regelleistung gemäß § 31 SGB II für die Zeiträume März bis Oktober 2008 sowie Januar bis März 2009 in unterschiedlicher Höhe abgesenkt. Für die Zeit ab dem 1. August 2008 hatte sie wegen einer Absenkung um 100% die KdU i.H.v. 252,51 EUR/Monat direkt an die WoBau überwiesen und dies in den entsprechenden Bewilligungsbescheiden vermerkt.
In einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 8. Dezember 2008 (S 6 AS 3682/08 ER) hatte der Beschwerdeführer erstmals gerügt, dass die Miete an den falschen Vermieter überwiesen werde. Daraufhin überwies die Beschwerdegegnerin von Januar 2009 bis Januar 2010 die KdU an den neuen Vermieter. Die Leistungen an die WBau wurden von der Beschwerdegegnerin zurückgefordert. Ob eine Rückzahlung erfolgt ist, lässt sich den Akten nicht entnehmen.
Am 2. Dezember 2008 wurde wegen eines Mietrückstands i.H.v. 2.272,50 EUR für die Zeit von April bis Dezember 2008 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt.
Das Sozialgericht ordnete mit Beschluss vom 3. Februar 2009 die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe gegen die Leistungsabsenkung ab Februar 2008 an (S 6 AS 3682/08 ER). Es sah jedoch mangels erhobener Räumungsklage keine Notwendigkeit für die begehrte vorläufige Bewilligung von Leistungen für die KdU für Dezember 2008.
Die Räumungsklage wurde am 26. August 2009 beim Amtsgericht Magdeburg erhoben. Danach bestünden Mietrückstände seit Juli 2007. Am 25. November 2009 erging gegen den Beschwerdeführer ein Versäumnisurteil. Mit Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 28. April 2010 (103 C 24XX/09 (103)) wurde dieses aufrecht erhalten. Dagegen ist nach Angaben des Beschwerdeführers Berufung eingelegt worden, die noch anhängig ist.
Der Beschwerdeführer setzte die Beschwerdegegnerin erstmals unter dem 27. Oktober 2009, eingegangen bei der Beschwerdegegnerin am 2. November 2009, von der Räumungsklage in Kenntnis. Er könne wegen seiner seit 2008 anhaltenden Entrechtung nicht beurteilen, ob tatsächlich Mietschulden bestünden. Die Beschwerdegegnerin möge die nicht durch sein Verschulden eingetretenen Folgen regulieren. Mehrfach wies er nochmals auf die anhängige Räumungsklage hin. Die Beschwerdegegnerin antwortete unter dem 19. April 2010, für bestehende Mietrückstände sei das Sozial- und Wohnungsamt de...