Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verwerfung einer unzulässige Berufung durch Beschluss. richterliches Ermessen. Umstände des Falles. Abweisung der Klage durch Gerichtsbescheid. keine Beantragung der mündlichen Verhandlung
Leitsatz (amtlich)
Eine verspätet eingelegte Berufung kann auch dann durch Beschluss als unzulässig verworfen werden, wenn das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat, sofern bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint und der Kläger trotz eines Hinweises die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt hat.
Tenor
Die Berufung wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger verfolgt die Änderung der ihm im Rahmen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erteilten Abschlussbeurteilung durch die Beklagte.
Nachdem das Arbeitsgericht Stendal die dort erhobene Klage zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Stendal verwiesen hatte, hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2009 wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Diese Entscheidung ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde durch den Zusteller W. S. des Zustellungsunternehmens D. e. Service GmbH durch persönliche Übergabe am 23. September 2009 um 18.50 Uhr zugegangen.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 24. Oktober 2009 zum Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, dort eingegangen am 27. Oktober 2009, gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Hierauf hat der Senat unter dem 26. Februar 2010 auf die Versäumung der einmonatigen Berufungsfrist gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, nach § 158 SGG durch Beschluss zu entscheiden.
Am 25. März 2010 hat der Kläger mitgeteilt, der genannte Zustellungstermin sei ihm nicht bekannt; er habe den nicht beschrifteten Briefumschlag an einem Montag dem Briefkasten entnommen.
Mit Richterbrief vom 31. März 2010 ist dem Kläger eine Ablichtung der zur Akte vorliegenden Postzustellungsurkunde übersandt worden.
Am 16. April 2010 hat der Kläger vorgetragen, der auf der Zustellungsurkunde genannte Zusteller S. sei kein Postbediensteter, sondern Zeitungszusteller. Eine persönliche Übergabe habe es nicht gegeben, da vor Jahren die Tageszeitung unregelmäßig entwendet worden und Herr S. verdächtig sei. Auf dem Umschlag seien weder die Zustellzeit noch die Unterschrift vermerkt gewesen.
Auf gerichtliche Nachfrage hat das Zustellungsunternehmen D. e. Service GmbH mit Schreiben vom 13. September 2010 mitgeteilt, der Zusteller S. habe den Zeitpunkt der Zustellung persönlich beurkundet.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt aufgeklärt sei und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheine. Es sei daher beabsichtigt, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung durch Beschluss als unzulässig zurückzuweisen. Dem Kläger ist eine Frist zur Stellungnahme bis zum 5. November 2010 gesetzt worden; er hat sich nicht mehr geäußert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 28. August 2009 aufzuheben und die Abschlussbeurteilung der Beklagten vom 30. Juni 2005 insoweit abzuändern, als für Motivation die Note "gut", für Engagement die Note "sehr gut" und für körperliche Belastbarkeit die Note "mangelhaft" vergeben werde
und weiter
die Worte "zu wenig Eigeninitiative, Statusakzeptanz, keine eigenen Bewerbungsaktivitäten, überhöhte Lohn- und Gehaltsvorstellungen" aus der Abschlussbeurteilung entfernt werden
sowie die Beklagte zu verurteilen,
eine wahrheitsgemäße Abschlussbeurteilung, unter Berücksichtigung der Beurteilung der Praxisbetriebe sowie der Information des Rehabilitationsträgers Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland über die erfolgte Änderung, zu erstellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die Berufung des Klägers wird durch Beschluss als unzulässig verworfen, da sie nach dem Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.
Gemäß § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist. Die Berufung ist nach § 151 Abs. 1 SGG bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird, § 151 Abs. 2 SGG. Über diese Frist ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Gerichtsbescheids vom 28. August 2009 zutreffend belehrt worden.
Nach der vorliegenden Postzustellungsurkunde wurde der vorgenannte Gerichtsbescheid dem K...