Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Anforderungsanspruch und Anordnungsgrund zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Hinsichtlich des erforderlichen Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde. Ein Anordnungsgrund ist nur dann glaubhaft gemacht, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass dem Antragsteller bei einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbare Nachteile entstünden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Gründe
I.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Verpflichtung des Antrags- und Beschwerdegegners (im Weiteren: Antragsgegner) zur Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragssteller sind bulgarische Staatsangehörige. Die 1990 geborene Antragstellerin zu 1, die sich bereits seit 2014 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, beantragte nach vorangegangenem SGB II-Leistungsbezug bis November 2017 am 25. Juni 2019 erneut beim Antragsgegner SGB II-Leistungen für sich und ihre Kinder, dem im Dezember 2005 geborenen Antragsteller zu 2 und dem im April 2010 geborenen Antragsteller zu 3.
Die Antragstellerin zu 1 war nach dem unter dem 19. Juni 2020 von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland (DRV) erstellten Versicherungsverlauf von September 2014 bis zum Jahresende 2019 nahezu durchgängig - mit wenigen kurzzeitigen Unterbrechungen - bei der Firma K. S. bzw. K. S. GmbH (Betriebssitz ...) beschäftigt und es wurden für sie Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.
Beschäftigungsumfang und Monatseinkommen der Antragstellerin zu 1 variierten. Im Jahr 2018 erzielte sie nach den Lohnabrechnungen ein Bruttoentgelt von insgesamt 6.463 EUR (durchschnittlich monatlich 538 EUR). Sozialversicherungsbeiträge wurden in dem Jahr für einen Gesamtverdienst von 7.131 EUR entrichtet. Im Dezember 2019 verdiente sie 518 EUR brutto. Nach Angaben des Arbeitgebers (schriftlich) und der Antragstellerin zu 1 (persönlich im Beisein des Arbeitgebers) gegenüber dem Antragsgegner im November 2019 werde normalerweise der Lohn auf das Konto der Antragstellerin zu 1 überwiesen. Sie lasse sich den Lohn aber derzeit bar gegen Quittung auszahlen, da sie knapp bei Kasse sei und Vorschüsse benötige. Insoweit gibt es Lohnabrechnungen und entsprechende Quittungen der Antragstellerin zu 1, aus denen aber keine Vorschusszahlungen ersichtlich sind. Danach betrug der jeweils im Folgemonat ausgezahlte Nettolohn
für Mai 2019: 458,63 EUR,
für Juni 2019: 410,90 EUR,
für Juli 2019: 463,21 EUR,
für August 2019: 521,79 EUR,
für September 2019: 501,13 EUR und
für Oktober 2019: 542,51 EUR.
Für die folgenden Monate des Jahres 2020 liegen Lohnabrechnungen, aber keine Quittungen oder Kontogutschriften vor:
Januar netto 550,74 EUR,
Februar netto 487,64 EUR,
März netto 397,84 EUR (mit Kurzarbeitergeld)
und April netto 386,06 EUR (mit Kurzarbeitergeld).
Aus den Kontoauszügen der Antragstellerin zu 1 ergeben sich Gutschriften am 9. Juni 2020 über 368,11 EUR mit dem Vermerk "Lohn für Mai 2020" und am 13. Juli 2020 über 561,88 EUR mit dem Vermerk "Lohn für Juni 2020".
Der Antragsteller zu 2 erhält Kindergeld von 204 EUR sowie monatliche Unterhaltszahlungen von 293 EUR. Für den Antragsteller zu 3 wird ebenfalls Kindergeld von 204 EUR gezahlt. Die Antragsteller zu 2 und 3 besuchten im Schuljahr 2019/2020 die Schule.
Seit Dezember 2018 sind die Antragsteller unter der Anschrift H ... im Ortsteil H. (unweit des Betriebsgeländes des Arbeitsgebers) gemeldet. Unter dieser Adresse waren (und sind möglicherweise weiterhin) die Mutter und der Bruder der Antragstellerin zu 1 mit Erstwohnsitz gemeldet.
Bei der Leistungsantragstellung für die Zeit ab Juni 2019 legten die Antragsteller einen Mietvertrag vom 31. Mai 2019 vor. Danach ist Vermieter der Unterkunft der Inhaber der Firma K. S., M. K ... Nach dem Mietvertrag wird den Antragstellern ab dem 1. Juni 2019 als Mietobjekt das Haus in J ..., vermietet mit: "3 Zimmer, 1 Küche, Bad und Garten". Es sei eine Gesamtmiete von 415 EUR zu zahlen, die sich zusammensetze aus der Kaltmiete von 265 EUR, der Betriebskostenvorauszahlung von 65 EUR sowie der Vorauszahlung für die Heiz- und Warmwasserkosten von 85 EUR. Auf Seite 2 des Mietvertrags heißt es: "Der Gesamtbetrag der Miete in Höhe von monatlich 450 EUR ist auf das Konto" des Vermieters zu zahlen. Gleichzeitig legten die Antragste...