Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gegen den festgesetzten Beginn der Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Richtet sich eine Beschwerde gegen den Bewilligungsbeginn einer Prozesskostenhilfeentscheidung, betrifft dies die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Beschwerde ist daher gemäß § 172 Abs 3 Nr 2 SGG unzulässig.

 

Normenkette

SGG § 172 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 117 Abs. 2, § 118 Abs. 2 S. 4

 

Tenor

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen den Bewilligungsbeginn einer Prozesskostenhilfeentscheidung für ein vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) geführtes, noch anhängiges Klageverfahren. In dem Klageverfahren ist das Begehren der Kläger auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. September 2013 bis 31. März 2014 gerichtet.

Die Kläger haben nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 5. Dezember 2013 Klage beim SG erhoben und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Am 6. Dezember 2013 haben die Kläger den Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie Anlagen dem SG vorgelegt. Mit Schreiben vom 1. April 2015 hat das SG weitere Unterlagen (u.a. Kopien von Kontoauszügen) von den Klägern angefordert. Nach einem Erinnerungsschreiben vom 26. Juni 2015 haben die Kläger diese Unterlagen am 3. August 2015 zur Gerichtsakte gereicht. Das SG hat den Klägern mit Beschluss vom 21. August 2015 ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ab dem 3. August 2015 bewilligt und Rechtsanwältin H. beigeordnet. Nach Zustellung des Beschlusses am 26. August haben die Kläger am 1. September 2015 Beschwerde eingelegt und den festgesetzten Bewilligungsbeginn vom 3. August 2015 beanstandet. Bereits am 6. Dezember 2013 seien PKH-Unterlagen vorgelegt worden. Das SG hätte daher früher entscheiden und einen früheren Bewilligungszeitpunkt bestimmen müssen.

Das SG hat die Beschwerde am 11. September 2015 dem LSG zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kläger beantragen sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 21. August 2015 abzuändern und ihnen bereits ab dem 6. Dezember 2013 für das anhängige Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. zu bewilligen.

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 auf eine mögliche Unzulässigkeit der Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen. Gegenstand der Beschwerde seien nicht die Erfolgsaussichten der Klage, sondern lediglich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger.

Die Kläger haben am 19. Oktober 2015 ausgeführt: Der zu späte Bewilligungszeitpunkt führe zu gebührenrechtlichen Nachteilen, da voraussichtlich die Verfahrensgebühr unterhalb der Mittelgebühr festgesetzt werden würde.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten nebst PKH-Heft verwiesen

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 21. August 2015 ist unzulässig und zu verwerfen.

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ausgeschlossen, wenn das entscheidende Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für PKH verneint hat. Mit der Einführung dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber eine Entlastung der Landessozialgerichte bezweckt und die Beschwerdemöglichkeit bei PKH-Entscheidungen nur noch vorgesehen, wenn das SG die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint hat (Bundestags-Drucksache (BT-Drucks) 16/7716, Seite 22 zu Nr. 29b Nr. 3). Nach der Rechtsprechung sind Beschwerden gegen ablehnende PKH-Entscheidungen erster Instanz z.B. wegen eines fehlenden Formulars nach § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wegen unzureichender Angaben gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO bzw. wegen beanstandeter Ratenhöhen jeweils unstatthaft, da die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse betroffen sind (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, 2014, § 170 Rdn. 6g mit weiteren Nachweisen; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2015, L 19 AS 606/15 B, juris).

Im vorliegenden Fall hat das SG die am 6. Dezember 2013 vorgelegten Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Kläger erst im April 2015 beanstandet und nach Eingang der Unterlagen am 6. August 2015 den Bewilligungszeitpunkt auf diesen späten Zugangstermin festgelegt. Die zeitliche Bestimmung steht daher in einem untrennbaren Zusammenhang zur Frage der Vorlage ausreichender Unterlagen für die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und ist den Fällen eines fehlenden Formulars nach § 117 Abs. 2 ZPO bzw. unzureichender Unterlagen nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gleichzustellen. Die Frage der Erfolgs...

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