Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehraufwand wegen kostenaufwändiger Ernährung
Orientierungssatz
1. Nach den zum 1. 10. 2008 aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins kommt ein ernährungsbedingter Mehrbedarf i. S. von § 21 Abs. 5 SGB 2 regelmäßig nur noch bei verzehrenden Erkrankungen mit erheblichen körperlichen Auswirkungen in Betracht. Die Diagnose Hyperlipidämie gehört nicht dazu.
2. Weil die Empfehlungen keine Rechtsnormqualität aufweisen, können die darin enthaltenen Erkenntnisse auch für Zeiträume angewendet werden, die vor dem Inkrafttreten liegen.
3. Generell bedürfen Krankenkostzulagen zu ihrer Begründung eines ärztlichen Attestes. Ermittlungen durch das Gericht sind dann entbehrlich, wenn nach den aktualisierten Empfehlungen eine Erkrankung diätetisch mit einer Vollkost behandelt werden kann. Diese ist regelmäßig nicht mit einem krankheitsbedingten erhöhten Ernährungsaufwand verbunden.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG), das seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren abgelehnt hat. In der Sache begehrt er im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung bei seinen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 21. November 2006.
Der am 1952 geborene Kläger bezieht gemeinsam mit seiner Ehefrau, mit der er eine Bedarfsgemeinschaft bildet, seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in unterschiedlicher Höhe. Bis zum 21. November 2006 wurde bei der Leistungsbewilligung kein Mehrbedarf berücksichtigt. Die zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide sind bestandskräftig.
Unter dem 22. November 2006 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Dem Antrag war eine ärztliche Bescheinigung der Dipl.-Med. B. O. aus D. vom 22. November 2006 beigefügt. Danach sei in der Zeit vom 22. November 2006 bis zum 22. November 2007 wegen der Erkrankung Hyperlipidämie eine lipidsenkende Kost erforderlich. Die Kost müsse dauerhaft fettreduziert sein, da auch ein Diabetes mellitus vorliege und beide Erkrankungen gefäßschädigend seien. Mit Bescheid vom 23. Januar 2007 gewährte die Beklagte ab dem 22. November 2006 einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II iHv 35,79 EUR monatlich.
Daraufhin stellte der Kläger am 19. März 2007 einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X. Wegen der nunmehr gewährten Mehrbedarfsleistungen müssten die Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit korrigiert werden, da er bereits früher an Hyperlipidämie erkrankt gewesen sei. Als Nachweis fügte er einen Auszug aus dem Entlassungsbericht der M. klinik NRZ M. vom 11. Juni 2004 bei. Dort hatte er sich vom 13. Mai bis zum 3. Juni 2004 einer stationären neurologischen Rehabilitation nach einem leichten Hirnschlag unterzogen. Im Bericht sind u.a. folgende Diagnosen genannt: Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Adipositas, Hyperlipidämie, Hyperurikämie.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab; die Bewilligungsbescheide seien nicht zu beanstanden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2007 zurück. Bei der Diagnose Adipositas sei ein Mehrbedarf für die erforderliche Reduktionskost nicht zu gewähren. Aus medizinischen
Dagegen hat der Kläger am 11. Dezember 2007 fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei zuckerkrank und seine Blutfettwerte seien krankhaft erhöht. Aufgrund dieser Erkrankungen müsse er sich kostenaufwändig ernähren. Am 16. Mai 2008 hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren beantragt.
Auf Nachfrage des SG hat die behandelnde Ärztin Dipl.-Med. O. unter dem 28. November 2008 ausgeführt, der Kläger sei bei ihr seit August 2003 wegen des Diabetes mellitus Typ IIb, in Behandlung. Die Fettstoffwechselstörung sei im Jahr 2004 festgestellt worden. Ihm sei eine zucker- und fettarme Kost empfohlen worden. Das Übergewicht des Klägers von 102 kg bei einer Größe von 1,76 m habe sich im Laufe der Jahre nicht verändert. Der Kläger benötige keine Diätprodukte; er sei auf eine gemüsereiche, fett- und zuckerarme Kost geschult worden. Die ihm empfohlene Kost unterscheide sich nicht von derjenigen, die einem Gesunden anzuraten sei. Dazu hat der Kläger keine Erklärung abgegeben.
Mit Beschluss vom 28. Juli 2009 hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn Voraussetzung des § 21 Abs. 5 SGB II seien voraussichtlich nicht erfüllt. Der Kläger bedürfe keiner Ernährung, ...